Fastenpredigten 2023 in der Johanniskirche

Akademiedirektor Udo Hahn, © Haist/eat archiv

Fastenpredigt III: “Suchet der Stadt Bestes“ mit Musik von JohannisBrass

So, 26.3.2023 mit Pfarrer Udo Hahn

Pfarrer Udo Hahn ist bekannt als Rundfunkprediger und Publizist. Er leitet seit 2011 die Evangelische Akademie Tutzing. Er war u.a. Redakteur beim Rheinischen Merkur und Oberkirchenrat der EKD. Für die Fastenpredigt kehrt er zurück zu seinen Wurzeln. In Lauf geboren hat er hier Abitur gemacht, in Neunkirchen am Sand ist er aufgewachsen. Die FastenpredigerInnen in der Johanniskirche Lauf 2023 geben Orientierung in aktuellen Herausforderungen, getragen von persönlichen und beruflichen Erfahrungen.

Der Gottesdienst findet am 23.3. um 9:30 Uhr in der Johanniskirche statt und werden musikalisch von JohannisBrass gestaltet. Danach gibt es die Möglichkeit zur persönlichen Begegnung mit den PredigerInnen beim Kirchenkaffee im Johannis-Saal.

“Herausforderungen unserer Zeit”

Kriege, Klimawandel und Künstliche Intelligenz sind wahrscheinlich die größten Themen im Jahr 2023 in unserer Gesellschaft. Wie begegnen wir ihnen? Wozu sind wir herausgefordert? Welche Rolle könnte Glaube spielen?

Diese Gottesdienste in der Passionszeit finden alle 14 Tage jeweils um 9:30 Uhr in der Johanniskirche statt und werden musikalisch umrahmt. Danach gibt es die Möglichkeit zur persönlichen Begegnung mit den PredigerInnen beim Kirchenkaffee im Johannis-Saal.

Elke Kaufmann ©Elaine Schmidt

Hier die Fastenpredigten 2023 zum Nachlesen!

Fastenpredigt I: „Wut und Beistand bei Hiob und heute“

So, 26.2.2023 mit Dr. Elke Kaufmann.

Elke Kaufmann ist geschäftsführende Vorständin des Diakonischem Werks der Dekanate Neumarkt, Altdorf und Hersbruck. Als gelernte Sozialpädagogin begann sie in der Dekanats­jugend, arbeitete als Gerontologin im Sozialdienst und Quartiersmanagement bei DIAKONEO und übernahm am Zentrum für Altersmedizin zunehmend mehr Geschäftsführungsaufgaben.

Unsere FastenpredigerInnen in der Johanniskirche Lauf 2023 geben Orientierung und machen Vorschläge, getragen von persönlichen und beruflichen Erfahrungen.

David Geitner ©privat

Hier zum Nachlesen!

Fastenpredigt II: „Berühre meine Wunden“ – Anteilnahme als Auftrag Christi in unserer Gesellschaft?!“

So, 12.3.2023 mit Diakon David Geitner. David Geitner ist seit Februar 2023 Berater für Kirchenasyl der Evangelischen Landeskirche in Bayern. Er arbeitete sieben Jahre bis Ende 2020 als Jugendleiter und in der Flüchtlingsberatung in unserer Kirchengemeinde Lauf. Zuletzt war er Geschäftsführer für Kindertagesstätten im Dekanat Hersbruck. Er ist Rummelsberger Diakon und hat zusätzlich einen Abschluss als Betriebswirt (VWA)

2. Fastenpredigt 2023: „Berühre meine Wunden“ – Anteilnahme als Auftrag Christi in unserer Gesellschaft?!“ – zum Nachlesen

Die Fastenpredigt vom So, 12.3.2023 mit Diakon David Geitner. zum Nachlesen

David Geitner ©privat

David Geitner ist seit Februar 2023 Berater für Kirchenasyl der Evangelischen Landeskirche in Bayern. Er arbeitete sieben Jahre bis Ende 2020 als Jugendleiter und in der Flüchtlingsberatung in unserer Kirchengemeinde Lauf. Zuletzt war er Geschäftsführer für Kindertagesstätten im Dekanat Hersbruck. Er ist Rummelsberger Diakon und hat zusätzlich einen Abschluss als Betriebswirt (VWA)

PREDIGT:

Liebe Gemeinde,

ein warmer Tag im vergangenen Sommer, als ich einen plötzlichen Anruf erhielt: Einer irakischen Familie mit drei Kindern droht die Abschiebung nach Polen. Die Kinder bereits zur Schule, sprachen deutsch und waren bei uns angekommen. Traumatische Erfahrungen hatten diese bereits hinter sich. Und nun zurück in ein Land, indem ihnen Obdachlosigkeit und Armut drohten. Bis kurze Zeit zuvor waren Abschiebungen ausgesetzt, da die polnischen Behörden mit der Unter-bringung überfordert waren.

Ein paar Telefonate später war klar, dass wir die Familie in den Kirchenräumen aufnehmen werden. Ehrenamtliche, Hauptamtliche – alle halfen zusammen.

Als ich die verängstige Familie schließlich in ihre neue Bleibe brachte und alle ihre Betten bezogen waren, kam die neunjährige Tochter auf mich zu. Umarmte mich, weinte und sagte dann leise: „Dankeschön! Jetzt sind wir in Sicherheit.“ Von dieser Begegnung war ich tief ergriffen und sie hat den heutigen Predigttext für mich lebendig werden lassen. 

26Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!

Thomas erkennt Jesus den Retter der Welt an dessen Wunden. In ihnen nimmt er das Wesen Gottes, die allesumfassende Liebe war.

Das spannende für mich an dieser biblischen Geschichte ist, dass es dabei nicht um eine theologische Überlegung über die physische Präsenz Jesu geht. Nein, es geht vielmehr um eine tiefere Dimension unseres christlichen Glaubens: Thomas ist emotional ergriffen, als er angesichts der Wunden erkennt und begreift, dass der Auferstandene und der Gekreuzigte der Gleiche sind.

Auch mir ging es in der Situation mit der Familie und in zahlreichen anderen Gesprächen und Begegnungen mit Geflüchteten, die sich in emotionalen Ausnahmesituationen befinden so. Gott ist da!

In den Wunden der Welt kann auch ich Christus erkennen. Überall dort wo ich der Aufforderung Gottes, dem Evangelium folge und mich den Wunden unserer Welt zuwende: Dort IST Gott. Gott ereignet sich überall dort wo Menschen sich vom Leid der Welt ansprechen und in Bewegung bringen lassen.

Hinsehen und Hingehen, zu den Menschen die Not leiden, ausgeschlossen werden und ausgegrenzt sind wird so zur Gotteserkenntnis.  

Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!

Liebe Gemeinde,

es ist gerade Passionszeit: Eine Zeit, die uns zeigt, dass der gnädige Gott gleichzeitig der gekreuzigte, leidende, grausamst möglich von Menschen hingerichtet und erniedrigt, aller Menschenwürde beraubte Gott ist.

Das Glaube an Christus und der Blick auf das Kreuz von der Empfindsamkeit, von der Anteilnahme für den Schmerz der Welt leben.

Thomas hat das erkannt. Er musste dafür die Wunden nicht tatsächlich berühren, sondern allein die Zuwendung, der Anblick haben ausgereicht, dass er in ihnen das Wesen Gottes erkannt hat

Wenn ich mich den Verwundeten dieser Welt zuwende, weisen mich diese verlässlich und einmalig auf Christus hin. Denn mit ihnen und ihnen ist Gott präsent.

Dann bekommt die Passionsgeschichte mit dem Leiden Jesu für mich plötzlich einen Sinn.

Gott ist in dieser Welt gegenwärtig. Er wirkt in und durch Liebe – manchmal trotz allem Augenschein – sorgt er inmitten und trotz scheinbaren Chaos für die Heilung der Welt.

Er zeigt uns dabei, dass er sich am Kreuz einmalig und letztmalig auf einen konsequenten Weg der Liebe und Zuwendung mit den Menschen einlässt.

Indem er sich aus der Welt herauskreuzigen ließ, indem er die Brutalität von Leid und Tod offengelegt hat, hat er gleichzeitig dem Leid und Schmerz die Macht genommen. Mit Blick auf das Kreuz dürfen wir wissen, dass Gott selbst inmitten des Schmerzes der Welt präsent ist.

Ein solcher Glaube und eine solche Zuversicht erscheinen vielleicht als eine Zumutung angesichts der Bilder aus der Ukraine oder anderen Kriegsgebieten und angesichts der Flüchtlingssituation an den europäischen Außengrenzen. Aber das Wort Zumutung trifft vielleicht genau, worum es beim Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit und Gerechtigkeit geht.

Denn Glaube ist keine esoterische Praxis mit Jesus Christus als Spiritual-Leader für ein besseres und sorgenfreieres Leben. Glaube entsteht und bewährt sich vielmehr genau dort, wo das Dunkel uns umstellt und keine menschliche Hoffnung zu sehen ist.

ZuMUTung meint: Dass den Menschen angesichts der Begegnungen mit den Wunden der Welt auch Mut erwachsen kann, Kraft zum Leben, Hoffnung auf Gottes Liebe und Barmherzigkeit.

Unser Kirchenvater Martin Luther hat es einmal folgt formuliert: „Christus kommt nicht so, dass er äußerliche Dinge ändern oder seine Schöpfung zerstören und anders machen wolle. […] Das ist aber ist die rechte Änderung, um welcher Christus gekommen ist: Das ein Mensch inwendig im Herzen anders werde.“

Denn die Passionsgeschichte ist der Beginn der Heldenerzählung unseres Gottes: Eine Erzählung des Glaubens, deren Held der menschenfreundliche Gott ist, der uns in Gemeinschaft ruft, der die Welt aus Liebe erlöst hat, der sich behutsam, zärtlich und leidenschaftlich mit der geballten Macht des Bösen auseinandergesetzt hat und der das Reich Gottes errichten wird, indem es weder Leid noch Tod noch Schmerz gibt.

Ostern zeigt mir, perspektivisch an Jesus – dass all das Böse eines Tages verschwunden sein und die Gemeinschaft mit Gott – vollendet werden wird. Wenn wir im Licht der Auferstehung auf die Welt blicken, sehen wir unser Schicksal:

Das wir bei Gott, eine Zukunft haben. Dann erfahren wir die Gewissheit, dass die Liebe Gottes nicht scheitern wird.

Und: Wenn wir die Auferstehung als wahrhaftig sehen, dann spüren wir die weltrevolutionäre Kraft, die von ihr ausgeht. Dann erfahren wir das Programm, welches Gott mit uns in dieser Welt vorhat: Die Welt zu verwandeln: An-Zu-Lieben in und gegen diese Welt

„An-Lieben“ verstanden als ein verwandelter Blick – im Geiste Gottes – auf und in diese Welt hinein. Als Vorgriff und mit einem glaubenden Geist verbunden mit der Gewissheit, dass der Mensch – ja die Schöpfung – eine Zukunft hat:  Das ewige Leben – Bei Gott!

Denn Gotteserkenntnis ist in der Bibel niemals nur ein kühles, objektives Wissen über Gott und die Welt. Es ist mehr als eine ontologische Bestimmung. Man kann Gott nicht aus der Distanz wahrnehmen.

Gott zu erkennen, führt zu einem verwandelten Herzen, einer Verwandlung unserer selbst, einer Angleichung unseres Lebens an das Wesen Gottes. Man kann es auch so sagen: Das Herz, mit dem man Gott erkennt, muss selbst vom Herzschlag der Barmherzigkeit, dem Recht und der Gerechtigkeit Gottes bestimmt sein. Wer Gott erkennt, wird von ihm verwandelt werden.

Wir selbst, die wir Gott zu erkennen suchen, werden Künder und Trägerinnen, Botinnen und Praktiker von Gottes Barmherzigkeit, Gottes Recht und Gottes Gerechtigkeit in der Welt.

Hier liegt die Aufgabe: Wir sind Instrumente für Gottes Barmherzigkeit, wir wollen uns von Gott gebrauchen lassen und den Menschen dienen.  

Nicht aus der Distanz, nicht durch bloße Almosen sondern verstanden als Bestimmung sich selbst hineinzustellen in den Strom der Liebe, Treue, Ehrlichkeit und Zuwendung Gottes zu den Menschen.

Als Christ kann ich nicht anders als empfindsam zu sein für die Sorgen und Nöte der Armen und Schwachen.

Liebe Gemeinde,

  • „Ich kann gar nicht anders“

…. sagte z.B. die Benediktinerin Mutter Mechthild, als sie vor zwei Wochen vor Gericht gefragt wurde, warum Sie mehreren Frauen welche in Italien schwer misshandelt wurden Kirchenasyl gewährt hat.

  • „Ich kann nicht anders: Als Helfen, immer wieder“…

… sagt ein Mitarbeiter der Drogenberatung, nachdem gerade ein Klient die Entgiftung ein weiteres Mal abgebrochen hat und zum wiederholten Mal traurig vor Ihm steht.

  •  „Ich kann nicht anders“

… sagte im vergangenen Jahr die Bayreuther Regionalbischöfin Dr. Greiner, als sie die Initiative ergriff zum Schutz iranischer Christen vor Abschiebung in ein tödliches Regime

„Wir können nicht Menschen taufen und sie dann allein lassen, wenn Gerichte ihren Glauben bezweifeln“.

  • „Wir können nicht anders“

…. sagen die „See Eye“-Mitglieder, die ihr Seenotrettungsschiff nach dem kleinen dreijährigen Jungen benannt haben, der im September 2015 an den Strand angespült wurde: Alan Kurdi. Seine Eltern waren mit ihm vor Krieg und Folter geflohen.

Liebe Gemeinde,

als Christ kann auch ich nicht anders, als in allen persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Prozessen auf Gottes Gerechtigkeit hinzuweisen. Mich aufzumachen zu den Wunden der Welt. Anteil zu nehmen. Und in dieser Anteilnahme, im Dialog erfahre und erlebe ich das Wesen Gottes immer wieder neu

Als Beschenkter, habe ich selbst seine Barmherzigkeit erfahren. Er hat mein Leben zurechtgebracht. Da stehe ich nun unter dem Kreuz und bin ein begnadigter Sünder, und als solcher darf ich mich auf den Weg zu den Wunden in dieser Welt machen.

Und hoffe auf Menschlichkeit angesichts des Unmenschlichen, liebe verzweifelt, glaube dem unverhofften Guten, trotz und gegen alle Wahrscheinlichkeit, stehe ich im Vertrauen auf dem schwankenden Boden in der Hoffnung, dass Gott auch in einer Welt voll Bösen “eine feste Burg ist”, wie es in dem Kirchenlied von Martin Luther heißt.

Und so schließe ich mit einem Gebet.

  • Möge Gott dich segnen mit Unbehagen Gegenüber allzu einfachen Antworten, Halbwahrheiten und oberflächlichen Beziehungen, damit Leben in der Tiefe deines Herzens wohnt.
  • Möge Gott dich mit Zorn segnen Gegenüber Ungerechtigkeit, Unterdrückung Und Ausbeutung von Menschen, damit du nach Gerechtigkeit Gleichberechtigung und Frieden strebst.
  • Möge Gott dich mit Tränen segnen, zu vergießen für die, die unter Schmerzen, Ablehnung, Hunger und Krieg leiden, damit du deine Hand ausstreckst, um sie zu tröten und ihren Schmerz in Freude zu verwandeln.
  • Und möge Gotte dich mit der Torheit segnen, daran zu glauben, dass du die Welt verändern kannst, indem du Dinge tust, von denen andere meinen, es sei unmöglich sie zu tun.

Und der Friede, welcher höher ist als all unsere menschliche Vernunft. Er bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Einzelne Textpassagen sind aus:

Frisch, Ralf „Was können wir glauben – Eine Erinnerung an Gott und den Menschen“ erschienen im Kohlhammer-Verlag

Halik, Thomas: „Berühre die Wunden – Über Leid, Vertrauen und die Kunst der Verwandlung“ erschienen im Herder Verlag

MUSIK UND TEXTE ZUR STERBESTUNDE

Karfreitag, 7. April,   15.00 Uhr Johanniskirche, Lauf an der Pegnitz

Musik:  Michaela Aichele (Sopran), Silke Kupper (Orgel)

Eva Maria Küttner, Lina Kupper (Violine)       

Jan-Peter Hanstein, Texte

Musik und Texte laden dazu ein, den Leidensweg und das Sterben Jesu Christi zu bedenken. In der Frömmigkeit evangelischer Christen kommt dem Karfreitag ein besonderer Rang zu. Er gilt vielfach als höchster Feiertag des Kirchenjahres. In der Andacht wird dem Leidensweg Jesu mit Lesungen und Musik nachgespürt. Die Sängerin Michaela Aichele musiziert gemeinsam mit Silke Kupper an der Orgel und Eva Maria Küttner und Lina Kupper (Violine) Arien und Lieder von Johann Sebastian Bach. Lieder und die Orgelwerke drücken das Passionsgeschehen musikalisch aus. Der Gottesdienst wird liturgisch von Pfarrer Jan-Peter Hanstein gestaltet.
 
Der Eintritt ist frei.

1. Fastenpredigt 2023: „Wut und Beistand bei Hiob und heute“ zum Nachlesen

Die Fastenpredigt vom So, 26.2.2023 mit Dr. Elke Kaufmann zum Nachlesen

Elke Kaufmann ©Elaine Schmidt

Elke Kaufmann ist geschäftsführende Vorständin des Diakonischem Werks der Dekanate Neumarkt, Altdorf und Hersbruck. Als gelernte Sozialpädagogin begann sie in der Dekanats­jugend, arbeitete als Gerontologin im Sozialdienst und Quartiersmanagement bei DIAKONEO und übernahm am Zentrum für Altersmedizin zunehmend mehr Geschäftsführungsaufgaben.

PREDIGT:

Liebe Schwestern und Brüder,

Welcher Versuchung können Sie nicht widerstehen?

Schokolade? Mal schnell die neuesten Nachrichten am Handy checken?

Das letzte Wort zu haben?

Immer wieder erliegt der Mensch den Versuchungen von Besitz, Macht und Geltungsdrang.

Auch Jesus war diesen Versuchungen ausgesetzt; doch er hat sie überwunden. Er wanderte ohne Habe durch die Welt, er wollte die Macht über Leben und Tod nicht und er wollte auch nicht als großer Heiler dastehen.

In unserem heutigen Predigttext geht es um die wohl größte Versuchung, die man sich vorstellen kann: Das Leid.

Hiob 2, 1-13

21Es begab sich aber eines Tages, da die Gottessöhne kamen und vor den Herrn traten, dass auch der Satan mit ihnen kam und vor den Herrn trat.
2Da sprach der Herr zu dem Satan: Wo kommst du her? Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Ich habe die Erde hin und her durchzogen. 3Der Herr sprach zu dem Satan: Hast du acht auf meinen Knecht Hiob gehabt? Denn es ist seinesgleichen auf Erden nicht, fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und meidet das Böse und hält noch fest an seiner Frömmigkeit; du aber hast mich bewogen, ihn ohne Grund zu verderben.

4Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Haut für Haut! Und alles, was ein Mann hat, lässt er für sein Leben. 5Aber strecke deine Hand aus und taste sein Gebein und Fleisch an: Was gilt’s, er wird dir ins Angesicht fluchen! 6Der Herr sprach zu dem Satan: Siehe da, er sei in deiner Hand, doch schone sein Leben!

 7Da ging der Satan hinaus vom Angesicht des Herrn und schlug Hiob mit bösen Geschwüren von der Fußsohle an bis auf seinen Scheitel. 8Und er nahm eine Scherbe und schabte sich und saß in der Asche. 9Und seine Frau sprach zu ihm: Hältst du noch fest an deiner Frömmigkeit? Fluche Gott und stirb! 10Er aber sprach zu ihr: Du redest, wie die törichten Frauen reden. Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?
In diesem allen versündigte sich Hiob nicht mit seinen Lippen.

11Als aber die drei Freunde Hiobs all das Unglück hörten, das über ihn gekommen war, kamen sie, ein jeder aus seinem Ort: Elifas von Teman, Bildad von Schuach und Zofar von Naama. Denn sie wurden eins, dass sie kämen, ihn zu beklagen und zu trösten. 12Und als sie ihre Augen aufhoben von ferne, erkannten sie ihn nicht und erhoben ihre Stimme und weinten, und ein jeder zerriss sein Kleid, und sie warfen Staub gen Himmel auf ihr Haupt 13und saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.

Amen.

Hiob leidet – unverschuldet.

Ganz viele Beispiele fallen mir dazu ein und nicht wenige erst aus den letzten drei Jahren: Das qualvolle Ersticken der Menschen am Anfang der Covid-Pandemie, die Einsamkeit vieler auf dem Höhepunkt der Lockdowns, die Bomben auf die Ukraine, die Verschütteten in der Türkei und in Syrien jetzt bei uns die zunehmende Armut in manchen Familien, weil das Geld nur für Strom oder Kinderschuhe in der richtigen Größe reicht.

Das Leid gehört zum Leben dazu.

Das Leid wirft verschiedene Fragen auf, Fragen des Miteinanders und des gelingenden Lebens:

Erstens: Was kann ich als Freund oder Freundin, als Verwandte, als Nächster tun?

Zweitens: Wie gehe ich als Betroffene gut damit um?

Drittens: Die Frage nach dem Warum? Wie kann Gott das zulassen?

– Bitte sehen Sie es mir nach: Diese letzte Frage will ich den Experten, den Theologinnen und Theologen überlassen.

Ich stehe hier als Sozialarbeiterin, als Dienstgeberin, als Mensch und suche nach Antworten auf die ersten beiden Fragen.

Die Geschichte erläutert die Fragen nach dem Leid nicht nur, ja sie inszeniert sie richtiggehend wie in einem dramatischen Bühnenstück.

Hiob wird in Szene gesetzt als das Opfer eines bizarren Handels zwischen Gott und dem Satan. Der Satan argwöhnt: Hiob sei nur fromm, weil es ihm gutgeht. Gott glaubt an die Treue Hiobs, er glaubt daran, dass Hiob sich nicht in Versuchung führen lässt – Deshalb lässt er sich darauf ein.

Das Buch Hiob erzählt keine Wirklichkeit, sondern ist eine Art „geistlicher Roman“, wie ich gelesen habe. Ein Roman, der uns Antworten geben kann, auf unsere Fragen.

Also sehen wir mal:

Zur ersten Frage, was kann ich als – Freund oder Freundin, als Nächster – tun?

Zwei Beispiele bietet der Text: Die Ehefrau und die Freunde.

Zunächst zu den Freunden: Sie reagieren schockiert, sie solidarisieren sich, sie schweigen mit ihm.

Die Freunde sind die Sympathieträger in diesem Stück.

Sie stehen Hiob wortlos bei, 7 Tage und Nächte lang. So viel Mitgefühl und Stärke muss man erst einmal aufbringen. Dabei­bleiben, sich dazusetzen, Schweigen, Stille und Tränen aushalten, auch wenn man sich hilflos fühlt. Die Freunde bieten keinen schalen Trost, sondern setzten sich zu ihm in den Dreck. Eigentlich sind sie gekommen, um ihn zu trösten, aber angesichts seines Elends bleibt ihnen jeder lapidare Zuspruch im Hals stecken. Sie sehen wie begrenzt ihre Möglichkeiten sind, sie spüren die Grenzen ihrer Macht.

Meiner Erfahrung nach liegt hier die erste große Versuchung im Umgang mit dem Leid: Zu glauben, dass man die Macht hat, zu retten. In der Sozialen Arbeit nennt man das „Helfersyndrom“: Wenn jemand anderen hilft, nicht aus Erbarmen oder Solidarität, sondern weil es ihm oder ihr selbst ein gutes Gefühl gibt.

Die Freude hingegen leisten Hiob Beistand, so gut es eben geht. Beistand leisten – das ist das, was wir als Nächste tun können!

Das zweite Beispiel für den Umgang mit dem Leid, liefert die Ehefrau:

Sie hat die wenig attraktive Rolle in dem Bühnenstück, ein wenig wie der Hofnarr an früheren Fürstenhäusern. Sie spricht aus, was alle denken, aber keiner zu sagen wagt; sie ist wütend, provokant, latent aggressiv – und – wenn wir uns Hiob wirklich auf dem Müllberg vor dem Dorf vorstellen – in aller Öffentlichkeit.  

Ist sie ihm darin nicht auch eine Nächste? In dem sie nüchtern zur Sprache bringt, was auch eine Möglichkeit wäre – und Hiob damit den Anstoß gibt, sich zu positionieren.

Ich glaube, die Ehefrau wird ihm zum Nächsten durch ihr ehrliches Aussprechen, durch ihre Wut.

Er kommt nämlich erst mit den provokanten Äußerungen seiner Frau aus seiner Wortlosigkeit, die vielleicht auch eine innere Erstarrung war. Sie bringt Bewegung in die Sache! Manchmal bringt uns erst eine klare Forderung von außen dazu, uns zu überlegen, was wir eigentlich wollen und denken.

Seine Frau wird ihm darin zur Nächsten, dass sie ihn in Bewegung bringt. Seine Frau empfiehlt gerade das, was die Absicht des Satans war. Hiob schilt sie deshalb „töricht“, das ist – so hab ich es gelesen, nach der Bibel jemand, der nicht mit Gott rechnet.

Vermutlich wird hier eine weitere Versuchung, die das Leid anderer mit sich bringt, in Szene gesetzt: Nämlich aufzugeben, die Hände in den Schoß zu legen  und zu jammern: Es hilft doch alles nichts! Wenn man in den Nachrichten von all dem Elend rings um uns her hört, von dem politischen HickHack, kommt man schon leicht in Versuchung zu sagen: Ich kann eh nichts ändern.

Doch: Wir können etwas ändern! Wie können den Leidenden zum Nächsten werden! Ich glaube, Beides tut Not: Wut und Beistand.

Die Wut, um auf die Straße zu gehen und Ungerechtigkeiten zu benennen, Veränderungen auf den Weg zu bringen, die Erstarrung und den Verdruss aufzulösen. Die Wut hilft, einen Missstand öffentlich zu machen und nicht wegzusehen. Der öffentliche Aufschrei rüttelt manchmal auch die Betroffenen selbst wach, die sich des Unrechts, das ihnen geschieht, gar nicht bewusst sind.

Und natürlich braucht es auch den Beistand, Aufmerksamkeit und Mitgefühl. Es braucht das Pflegen, das Kleiden, das Beherbergen, das Beraten, das Begegnen.

Als Diakonie ist das genau unsere Aufgabe: Hinzusehen, Ungerechtigkeiten zu erkennen und klar zu benennen und den Leidenden beizustehen, sich zu solidarisieren und Hilfe anzubieten

Nun zur zweiten Frage:

Wie kann ich als Betroffene besser mit eigenem Leid umgehen? Wie geht Hiob mit dem Leid um, das ihm widerfährt?

Hiobs Reaktion auf seine Erkrankung wird in V. 8 fast teilnahmslos geschildert. Kein Wort über die Schmerzen, kein Wort über die Verzweiflung, keine Klage, keine Frage, überhaupt kein Laut kommt aus seinem Mund.

Eine ganz normale erste Reaktion auf Leid, Schicksalsschläge und Traumata ist das.  Elisabeth Kübler-Ross beschreibt in ihrem Buch über Sterben und Trauer die Erstarrung als eine notwendige Reaktionsform auf eine fürchterliche Nachricht. Der Gedanke „Jetzt reicht es, ich mag nicht mehr!“ ist ganz normal.

Die Versuchung liegt wohl darin, in dieser Erstarrung steckenzubleiben, jeden Vorschlag, jeden Beistand abzulehnen, weil es ja doch nichts bringt und zu glauben, dass man auch selbst nichts ändern kann.

Hiob fügt sich in sein Schicksal: Seine Hautkrankheit verlangt, dass er die menschliche Gemeinschaft verlassen muss, er setzt sich außerhalb des Dorfes auf den Aschen – und Abfallhaufen.

Er übt sich in Demut –  Bewundernswert mutig fügt er sich in sein Schicksal.

Das mit der Demut fällt mir selbst – offen gesagt – nicht so leicht. Ich sehe hier Hiobs Verhalten als Einladung, als Anregung auszuprobieren, wie sich das anfühlt, das Vertrauen in den Mittelpunkt zu stellen. Der gläubige Hiob geht weiter, als ich es mir vorstellen kann und will. Hiob nimmt das Leid an.

Erst auf die Vorhaltungen seiner Frau hin, löste er sich aus seiner Erstarrung. Und im darauffolgenden Kapitel findet Hiob Worte für sein Elend. Immer entschiedener verlangt Hiob schließlich Antwort von Gott selbst. Er klagt Gott an:  Er hat meinen Weg vermauert … und Finsternis auf meinen Steig gelegt. … Er hat mich zerbrochen und meine Hoffnung ausgerissen wie einen Baum…Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch und nur das nackte Leben brachte ich davon.

In seiner Klage kann Hiob uns ein weiteres Beispiel geben. Er schimpft, er zetert, er fordert Gott heraus und er bleibt im Kontakt mit ihm. Er glaubt daran, dass Gott Gutes und Böses in seiner Hand hält und jedes Schicksal wenden kann.

Also, was kann ich als Betroffene versuchen, wenn ich leide?

Ich kann mich in Demut üben, die kann die Erstarrung überwinden, mich trösten lassen, Hilfe annehmen

und – wie wir bei Hiob sehen – wichtig ist es, in Verbindung mit Gott zu bleiben  – wenn es sein muss mit Weinen und Wehklagen, so wie es in dem Lied heißt: All Eure Sorge werft auf ihn.

Wie kann also es gelingen mit Leid umzugehen – mit dem eigenen und mit dem eines anderen?

Das Beispiel Hiob zeigt, wie im Angesicht des Leides, ein Weiterleben und vor allem ein Bleiben im Glauben möglich ist. Mit Demut und Klage, mit Wut und Beistand.

Amen.

Wochenlied: 347, 1-4 Ach bleib mit deiner Gnade

Predigtlied: 369, 1-6 Wer nur den lieben Gott lässt walten

631 All Eure Sorge werft auf ihn

Quellen:

Gottesdienstinstitut der ELKB, Lesegottesdienst 2023_02_26, Autorin: Christiane Murner

Bergmoser & Höller (Hrsg.), 2023, Invokavit

Erschütternde Schönheit und große Meisterschaft von Kilian Langrieger.

Erfolgreicher Start der neuen Reihe „passion:piano::st. jakob“

Kilian Langrieger beim Einspielen am Bechstein-Flügel in St. Jakob. Foto: Hanstein

Etwa 45 bis 50 Zuhörer erlebten am vergangenen Samstag den 11.2. einen fulminanten Konzertabend der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Lauf a. d. Pegnitz. Der 24 Jahre junge Pianist Kilian Langrieger aus Schierling im Landkreis Regensburg, Absolvent des Konservatoriums F. A. Bonporti Trient/Italien, begeisterte sein Publikum in St. Jakob mit vier Präludien und Fugen von J. S. Bach, zwei Sonaten von W. A. Mozart und F. Chopin am Flügel und einer Zugabe.

Pfarrer Jan-Peter Hanstein begrüßte unter den Gästen auch die Eltern des Pianisten, die ihm seit seiner ersten Pfarrstelle in Neustadt/Donau seit 20 Jahren freundschaftlich und musikalisch verbunden sind.

Kilian Langrieger gab zunächst vier Präludien und Fugen aus dem Wohltemperierten Klavier Band 1 von Bach. Darunter waren die beiden ersten in C-Dur und c-Moll, deren Präludien vielen aktiven Klavierspielern bekannt sein dürften, deren Fugen jedoch gehobene Anforderungen stellen. Dagegen sind Nr. 12 in f-moll und Nr. 20 in a-moll nur von geübten Pianisten zu bewältigen. Bach ist für Langrieger elementar für alle nachfolgende Musik. Er spürte mit Emotion und Intensität den überwältigenden Wendungen und Lösungen nach, die für Bach charakteristisch sind. Hierbei blitzte schon die tiefe Gestaltungskraft und Darstellungsgabe Langriegers auf, die zu luzider Entflechtung der kompositorischen Dichte der beiden vierstimmen Fugen in C-Dur und a-moll führten. Die monumentale Größe der letzten in a-moll, die er in berückender Geschwindigkeit anging, brachte ihm den ersten begeisterten Applaus. Hier zeigte er erstmals die Klangfülle, die das für die Orgel komponierte Stück erfordert und die Möglichkeiten des etwas verstimmten Bechstein-Flügels bis an dessen Grenzen erprobte.

Es folgte die Sonate Nr. 12 in F-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart. Bei Mozart ist gleichsam jeder Ton weltberühmt. Alles ist bei seinen Kompositionen perfekt: keine Note zu viel, keine zu wenig und alles am richtigen Platz. Es klingt so leicht und ist gleichzeitig so schwer. Rein und klar glitzerten Langriegers Läufe, niemals den für Mozart angemessenen zurückhaltenden Kammerton überschreitend. Die drei Sätze mit dem Allegro zu Beginn, dem folgenden Adagio und dem Allegro assai perlten makellos von den Tasten ins Oval von St. Jakob. So mitreißend jugendlich zeigte Kilian Langrieger seinen höchst entwickelten Anschlag, dass manchem Zuhörer der Atem stockte. Danach ging man geistig beschwingt in die Pause und konnte sich an der Bar erfrischen.

Aufmerksame Spannung lag vor der dritten Sonate in h-moll von Frédéric Chopin, dem unbestreitbare Hauptwerk des Abends, das schon drei Jahre nach seinem öffentlichen Erscheinen in Druckform vom Pariser Konservatorium zum Pflichtstück der Abschlussprüfungen aller Pianisten angesetzt wurde. Langrieger nahm die zunehmend staunenden Zuhörer auf eine spirituelle Reise mit. Episoden emotionaler Ausbrüche wechseln sich ab mit fröhlichen tänzerischen Erinnerungen und abgründigen Reflexionen. Sogar eine Fuge als Hommage an Bach ist eingebaut. In jeder Passage spürte man die Dichte und jahrelange Auseinandersetzung mit diesem Werk, das Kilian Langrieger mit seinem ganz eigenem Ausdruck und Stil meisterhaft interpretierte. funkelnde Läufe und wahnwitzige Kaskaden wechseln sich ab mit unerhörten Inversionen, in dem sich Hörer in einer dunklen Unterwasserhöhle wähnen. Der 38-jährige Chopin hat diese letzte von nur drei Sonaten nach dem Tod seines Vaters komponiert und sie stellt emotional und technisch höchste Anforderungen an die Pianisten. Unendlich große Schwierigkeiten sind zu überwinden. Ob Chopins Klangreichtum oder seine Melodien von hinreißender Schönheit, schließlich seine kraftvollen Akkordkaskaden: alles, wirklich alles ist dem jungen Pianisten hier in überzeugender Weise gelungen. Im Scherzo vivace, das noch immer gestandene Pianisten vor manches technische Rätsel stellt, ließ Langrieger dieses aufs knappster Strecke sich entfaltende Tongedicht brillant aufblitzen. Das Largo erschütterte manchen Zuhörer in Innersten, es gelang so elfenhaft zart und paradiesisch schön, wie man sich es nicht schöner hätte vorstellen können. Das Finale „Presto man non tanto“ hob im notierten Marcatissimo an, verharrte kurz auf der Fermate, ehe das Agitato in einem wahren Höllenritt ausartete.

Am Ende stand ein langer Applaus der faszinierten Zuhörer, die sich einig waren, dass sie dem Anfang der großen Zukunft eines jungen Meisters beiwohnen durften, der hoffentlich bald wieder in Lauf Piano spielt und sie in nie gehörte Welten führen wird. Mit einer innig-mystischen Zugabe von Arvo Pärt schloss der künstlerische Teil des Abends.

Der Beginn der neuen Reihe „passion:piano::st. jakob“ in Lauf ist fulminant gelungen und macht Lust auf mehr!

Text: Jan-Peter Hanstein mit Zitaten aus Gesprächen und Texten von und mit Hannes und Kilian Langrieger

Kilian Langrieger  ©Foto Michael Vogl

Die neue Reihe passion:piano :: st. jakob bietet Ihnen Musik im ansprechenden Ambiente von St. Jakob, einem modernen Ort der Gemeinschaft und des Gebets. In St. Jakob präsentieren professionelle KünstlerInnen wunderbare Stücke aus ihrem Repertoire am Bechstein-Flügel. Begleitet z.B. von einem Akkordeon, einem Cello, einer Geige, der Stimme einer Sopranistin, einer Tänzerin oder ganz allein, kann das Piano mit Passion gehört werden und Kunst uns beflügeln.
 

Gemeinde: Fair und nachhaltig

Unsere Kirchengemeinde bekommt die Auszeichnung „Gemeinde: Fair und nachhaltig“ verliehen.

Die Überreichung von Urkunde und Plakette erfolgt im Gottesdienst am 5. Februar um 10.45 Uhr im Gemeindezentrum St. Jakob.

Die neue Auszeichnung für bayerische evangelische Kirchengemeinden vereint die Themen fairer Handel, weltweite Partnerschaft und Umweltverantwortung. Brot für die Welt, Mission EineWelt und die Umwelt- und Klimaarbeit in der ELKB arbeiten bei diesem Projekt zusammen und haben die Auszeichnung „Gemeinde: Fair und nachhaltig“ entwickelt. Der Glaube an den Schöpfer-Gott, der in Christus Mensch und nahbar geworden ist, begeistert Christinnen und Christen, der Frage nach einer gerechteren Welt nachzugehen: Einer Welt, in der Arbeit fair entlohnt wird, genug für die Bedürfnisse aller da ist und in der mit den uns geschenkten, wertvollen Ressourcen bedacht umgegangen wird. Viele Kirchengemeinden engagieren sich bereits heute ganz selbstverständlich. Dafür sollen sie jetzt durch die Auszeichnung „Gemeinde: Fair und nachhaltig“ gewürdigt werden.

Bei uns in Lauf hat sich ein kleines Nachhaltigkeitsteam gebildet und den Katalog von 38 Einzelkriterien durchgearbeitet, von dem mindestens ein Drittel erfüllt sein muss, um die Auszeichnung zu bekommen. Diese Bedingung haben wir erfüllt. Zusätzlich ist noch für die nächsten zwei Jahre ein Schwerpunktprojekt vonnöten, bei dem sich die Kirchengemeinde mit der Frage nach einer fairen, partnerschaftlichen und nachhaltigeren Welt beschäftigt.

Diesbezüglich hat das Team vorgeschlagen, gerade diese Themen verstärkt auch im gottesdienstlichen Leben und im Bildungsbereich aufzugreifen. Der Kirchenvorstand hat dem zugestimmt und so wurde der Antrag gestellt, unserer Kirchengemeinde die Auszeichnung „Gemeinde: Fair und nachhaltig“ zu verleihen. Dieser Antrag wurde akzeptiert und die „Insignien“ werden uns am 5. Februar überreicht.

Darüber freuen wir uns. Allerdings ist die Auszeichnung nur ein Zwischenschritt, der uns anspornen soll, uns immer wieder mit diesen Themen zu beschäftigen und weitere Schritte hin zu einer fairen und nachhaltigen Gemeinde zu gehen. Deshalb werden Sie auch in den nächsten Ausgaben des „blick“ immer wieder davon lesen. Wer sich gerne aktiv in das noch kleine Nachhaltigkeitsteam mit einbringen will, kann sich gerne im Pfarramt oder direkt bei unserem Umweltbeauftragten Heiner Schächtele (Tel. 81350) melden.

Candlelight Carols

Mittwoch, 28. Dezember 2022 um 19.00 Uhr in der Johanniskirche

Wärmende Musik über große und kleine Wunder, die Facetten des Mensch-Seins, Fragen und Antwortversuche, Ermutigendes und Aufforderndes: Dazu, zu lieben, offen zu bleiben, sich zu sorgen um andere und um sich, einfach im Hier und Jetzt zu sein.

Die Musiker, die sich an der Musikhochschule Nürnberg kennen gelernt haben, genießen den besonderen Rahmen und die dadurch gegebenen Möglichkeiten, sehr persönlich und intim zu musizieren und die Räume und deren klangliche Besonderheiten mitspielen zu lassen. Kreativ und aufmerksam werden bekannte und unbekannte Stücke neu interpretiert und dabei bekommt jeder seinen Platz und wird aufgefangen vom Rest des Trios. Musik, die nachdenklich macht, an gesellige Stunden am Kaminfeuer erinnert, deren schlichte Schönheit uns berührt, die ermutigt, tröstet und ein Lächeln ins Gesicht zaubert! Luisa Hänsel absolvierte nach einem klassischen Klarinetten-Studium ihr Studium im Fach Jazzgesang in Nürnberg und Brüssel. Als Musikpädagogin, Ensemblemitglied und Bandleaderin macht sie sich ihr breit gefächertes Interesse und Fähigkeiten in Klassik und Jazz zunutze. Neben ihrem Jazz-Quintett genießt sie das Musizieren in variantenreichen und intimen Besetzungen. Für dieses sehr persönliche Programm mit Stücken, die sie lange begleiten und ihr Einiges bedeuten, hat sie in ihren zwei Mitmusikern wunderbare Gefährten finden können:

Hannes Stegmeier spielt seit 17 Jahren Gitarre. Nach den Anfängen in der Klassik, begeistert ihn seit geraumer Zeit die Stilrichtung Jazz. Seit Beginn seines Studiums an der Hochschule für Musik Nürnberg lernt er im Zweitstudium Jazz-Kontrabass. Diese Kombination erlaubt es ihm, bei einer Vielzahl an Live-Auftritten, Studio- und Musicalproduktionen mitzuwirken.

Moritz Graf hat sein Studium im Fach E-Bass und Kontrabass an der HfM Nürnberg bei Prof. Rudolf Engel und Prof. Christian Diener absolviert, das er 2019 mit einem Master of Music abschliesst. Derzeit ist Moritz als Bassist der Band „Koala Kaladevi“ an deren Konzerten und Produktionen sowie an zahlreichen anderen Formationen und Musical-Poduktionen beteiligt. Des Weiteren ist er als Lehrkraft am Musikpunkt Nürnberg und an der städtischen Musikschule Erlangen tätig.

“Ehre sei Gott und Frieden auf Erden!” (Lk2,14) Weihnachtspredigt 2022 von Pfarrer Jan-Peter Hanstein, Lauf

Liebe Gemeinde,

wir feiern Weihnachten in den dunkelsten Nächten des Jahres. Auch bei Josef und Maria im Stall stelle ich es mir ziemlich dunkel vor. Der Wirt hat ihnen bestimmt verboten mit Kerzen und Licht zu hantieren, weil es zu gefährlich war in einer Scheune mit Futter und Stroh. Vielleicht war da irgendwo ein Öllämpchen, in deren Licht die jugendliche Maria ihren Sohn bekam.

Aber dann geht draußen auf dem Feld das Licht an. Die ganz große Lampe. Perilampsein Rundum-Licht – so heißt es in der Weihnachtsgeschichte. Der Engel des Herrn mit Gottes ganzer Herrlichkeit, seinem Glanz und Schein. Wenn Gott kommt, kommt Licht und Wärme. Energie. Von Anfang an der Schöpfung und auch in dieser dunkelsten Nacht draußen bei den Hirten.

Da sagt dieser lichtumstrahlte Engel: „Fürchtet euch nicht, denn ich bringe euch eine gute Nachricht, das Evangelium! Euch ist heute der Heiland geboren zu großen Freunde aller Menschen!“

Euch ist der Heiland geboren. Uns. Mir auch! Der Retter, der SOTER. Wörtlich der Erlöser. Nicht nur für die Hirten, nicht nur für Bethlehem nicht nur für Israel. Für alle Menschen. Er sagt ihnen den Ort, die Stadt Davids, „Ihr werdet ihn finden in Windeln gewickelt“. Sie und wir werden uns gedulden müssen, bis er aufgewachsen ist.

Und dann singen die himmlischen Heerscharen dieses Lied und auch wir singen es mit, das Wunderbarste, was Gott uns ansagen kann, zuruft in all seiner Macht und Liebe!

„Ehre sei Gott in den höchsten Höhen und Friede in den tiefsten Tiefen, auf Erden mit den Menschen, die er liebt, an denen er Wohlgefallen hat!“ Lk 21,4

Darüber will ich heute predigen.

Gott ehren und Frieden halten gehört zusammen. Die Gerechtigkeit Gottes und wir, die wir ihm gefallen, wenn wir Frieden halten und Frieden stiften.

Große Worte – das muss ich euch übersetzen.

Als Weihnachten noch kribbelte und aufregend war und einfach schön! Als ich Kind war waren meine Großeltern noch jung. Jünger als ich jetzt. Wir Enkel durften dann in den Ferien bei den Großeltern übernachten. Damals ahnte ich nicht, dass das eine Aktion zur Entlastung meiner Eltern war. Wir fühlten uns gar nicht abgeschoben, sondern privilegiert. Morgens schliefen die Großeltern immer viel länger als wir drei Hummeln. Dann krochen wir drei in das kleine Doppelbett der Großeltern. Schmissen die Oma raus, die Frühstück machte. Wir aber sahen uns den Hals meines Opas genau an. Vorne neben den Kehlkopf war die Kugel eingedrungen und hinten neben den Halswirbeln wieder ausgetreten. Eine Durchschussnarbe. Er musste sein Oberteil ausziehen und wir zeichneten mit dem Finger die Schrapnell-Narben am Rücken nach und gruselten uns an dem Wissen, dass ein Metallrest noch ganz nah an seinem Herzen sich inoperabel abgekapselt hatte. Sein Leben lang hat er als Lehrer seinen Unterricht bis zur Rente mit 65 Jahren mit einer Flüsterstimme gehalten, weil der Kehlkopf so beschädigt war. Wenn ich an Krieg denke, erinnere ich mich an diesen verwundeten Opa Günter.

Er war mit diesem Durchschuss und weiteren Splitterverletzungen aus dem Kessel Stalingrad herausgeflogen worden und seine Kameraden hatten gesagt: den sehen wir nie wieder. Tatsächlich hatte er überlebt und kein einziger von den anderen.

Später in einem Dorf in Nordhessen wurde er Dorfschullehrer, obwohl er eigentlich Lehrer für Biologie und Sport war. Dort schrieb er 7 Jahre lang jedes Jahr ein neues Krippenspiel für die kleine Kirchengemeinde, die sich im einklassigen Schulhaus zum Gottesdienst traf. Er übte mit allen seinen Schulkinder und seinen eigenen vier Kindern auf den Leib geschriebenen Rollen ein. In immer neuen legendären Variationen dichtete er seine Sehnsucht nach Frieden und Versöhnung mit den älter und verständiger werdenden Kindern.  „Nie wieder Krieg.“

Ein Weihnachts-Licht in diesem kleinen Dorf Bellenhausen, in dem bis heute von diesen Krippenspielen des Lehrers Günther Wesche geredet wird. Und das mich irgendwie an Bethlehem erinnert.

MUSIKSTÜCK

Die tapfere lutherische Pfarrerin in der Ukraine, Larissa Kostenko, deren Mann als Offizier im Krieg gegen Russland keinen Fronturlaub zu Weihnachten erhalten hat, sie predigt in dieser Stunde über die Sehnsucht nach Frieden. Wie wäre es, wenn es einen Waffenstillstand gäbe, wie damals 1914 der berühmte Christmas-Truce in den Schützengräben des 1. Weltkriegs als teilweise tagelang der Krieg unterbrochen worden war und die verfeindeten Soldaten miteinander Weihnachten feierten, bis die Soldaten wohl unter Drohungen die Kämpfe wieder aufnahmen. Und das christliche  Europa in einem Blutbad unterging, dessen Auswirkungen wir bis heute spüren.

Da hinein – gerade da hinein spricht der Engel „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen seines Wohlgefallens!“

Weihnachten  Gott ehren und Frieden machen! Wie schön wäre das. Auch die Menschen in der gequälten Ukraine singen das und sie kämpfen für den Frieden. Für eine friedliche menschliche Welt, wie sie Gott wohlgefällt.

Liebe Gemeinde, wenn wir etwas gelernt haben in den gegenwärtigen Krisen, sei es Corona, sei es Krieg und Inflation: Lasst uns Feste feiern wie sie fallen. Lasst uns nichts verschieben oder verpassen. Jetzt ist die Zeit. Jetzt geht das Licht an. Das große Weihnachtslicht mit dem Engel nicht verpassen, der sagt: „Fürchtet euch nicht, denn ich bringe euch eine gute Nachricht, das Evangelium! Euch ist heute der Heiland geboren zu großen Freunde aller Menschen!“

Heute sind manche ganz allein. Andere fühlen sich einsam und unverstanden mitten im Trubel ihrer Familien. Ich kenne das nur zu gut. Aber ihr seid hier zusammengekommen. In der Kirche. Hier wiederholen wir diese Wahnsinnsbotschaft mit den großen Worten vom Allergrößten und allerniedrigsten.

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen seines Wohlgefallens!“

Jetzt ist die Zeit. Wir singen dieses Lied mit, mit den Violinen und Cellos wie unsere Stadtstreicher, mit Trompeten und Posaunen, wie die Orgel mit Zimbeln und Glocken. Das ist es, was wir angesagt bekommen. Wir singen die wunderbare Nachricht, was dieser Heiland gebracht und hat und immer bringen wird. Heilung und Frieden. Da geht das große Licht an mitten in der dunkelsten Nacht.

Da öffnet sich der Himmel für einen Moment. Die geschundenen Menschen, wie die Hirten, wissen nicht, warum ihnen das geschieht, und was das alles bedeuten soll. Für einen Moment ist da wunderbares warmes Licht auf diesem kalten Feld mit den kleinen Lagerfeuern. Auch in der Ukraine in der zerstörten Städten und den altertümlichen Schützengräben im Winter.

Stellt euch mal vor, wie finster wäre unsere Welt, ohne diese Sehnsucht nach Frieden. Ohne Weihnachten. Ohne die Kinder, die diese wunderbare Geschichte lernen und singen. Ohne Hoffnung auf einen Frieden wie Gott ihn uns ansagt, den uns das kleine Gotteskind schenkt. Was gibt es Friedlicheres und gleichzeitig Hilfsbedürftigeres als das Bild eines Säuglings, den seine Mutter liebevoll stillt? Dahinein hat sich Gott bewusst in seiner Liebe zu den Menschen begeben. Gottes tausende Heerscharen sind friedlich singende Engel, nicht die Millionen von schwerbewaffneten Soldaten. Die Engel und die Hirten und die Feiernden sind die größte Demonstration für den Frieden, die es jedes Jahr wieder gibt.

Gott steht in diesem Jesuskind für Leben und Frieden.

Geht hin wie die Hirten und erzählt das weiter. Werdet eurerseits Engel – Angelos, Boten Gottes in euren Familien, in eurer Arbeit, als Bürger eines Staates und Menschen dieser Welt. Feiert dieses Fest mit den Menschen, die bei euch sind. So unvollkommen und unpassend es gerade erscheinen mag. Himmelhochjauchzend und erdentief weinend.

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen seines Wohlgefallens!“

AMEN.

Weihnachtsfrieden und Hoffnung – Grußwort zu Weihnachten 2023 aus Winnyzia, Ukraine

Larrissa in Winnyzia

Liebe Geschwister in Deutschland, liebee Freunde!

Es ist eine große Freude für mich, auch über diese Homepage meine erste Weihnachtsbotschaft mit Ihnen zu teilen.

Wir haben immer noch mit den Schwierigkeiten der Post-COVID-Ära zu kämpfen und leben weiterhin im Krieg. Viele Menschen erleben den Verlust eines geliebten Menschen. Wir sind noch dabei, uns an neue Normen zu gewöhnen.

Trotz alledem glauben wir als Christen, dass die Hoffnung nicht verloren ist. Der Prophet Jesaja sagte:
Uns ist ein Kind geboren worden,
ein Sohn ist uns geschenkt worden,
und die Regierung wird auf seinen Schultern lasten.
Und sein Name wird sein.
Wunderbarer Ratgeber, Mächtiger Gott,
Ewiger Vater, Fürst des Friedens. (Jes 9,6)


Die Prophezeiung wurde erfüllt, als der Messias in der kleinen Stadt Bethlehem geboren wurde. Engel kündigten es den Hirten an, und ein hell leuchtender Stern brachte drei weise Männer, die sie besuchten und ihre Geschenke überreichten.

Heute feiern wir die Geburt unseres Herrn Jesus Christus, aber es bleibt eine wichtige Frage zu beantworten:

Was bedeutet die Geburt Christi für uns Christen in diesen schwierigen Zeiten?
Ich wage zu behaupten, dass die Geburt Christi uns Hoffnung gibt, dass Gott gekommen ist und die Probleme lösen wird, die wir nicht in den Griff bekommen. Die Geburt Christi gibt uns die Gewissheit, dass Gott uns von allen Formen der Unterdrückung – geistig, körperlich, emotional oder psychologisch – befreien wird.

Alles, was wir tun müssen, ist, uns Gottes weisem Rat zu unterwerfen. Wenn wir unser Herz öffnen, um Christus anzunehmen, können wir mit den Engeln in Lukas 2,14 mitsingen:
Ehre sei Gott im höchsten Himmel,
und auf Erden Friede denen, an denen er Wohlgefallen findet. (Lukas 2,14)
Ich wünsche uns allen ein frohes Weihnachtsfest und ein sehr erfolgreiches Jahr 2023.

Pfarrerin Larissa Kostenko aus Lutherischen Kirchengemeinde Winnyzia, Ukraine

Predigtskizze von Pfarrerin Larissa Kostenko

Text: Lukas 2,1-20.
Liebe Schwestern und Brüder!
Wie Sie verstehen, habe ich oft über Weihnachten und die Botschaft dieses Festes nachgedacht. Die Frage hat mich schon lange beschäftigt:

Was kann, was soll ich beim diesjährigen Weihnachtsfest verkünden?

Was ist die Botschaft an die Menschen bei diesem besonderen Weihnachtsfest?

Was ist also die Botschaft für uns hier in Winnyzia für Weihnachten 2022?

Text des Evangeliums Lk 2
1 Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2 Und diese Schätzung[1] war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. 3 Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. 4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, 5 auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe[2]; die war schwanger. 6 Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7 Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. 8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. 9 Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. 10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12 Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: 14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens[3]. 15 Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17 Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. 19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Wir haben diese große Weihnachtsgeschichte gehört, die uns der Evangelist Lukas erzählt hat. Wir sangen Lieder und stimmten so in die Geschichte ein. Vor allem ein Gefühl hat uns geprägt:

Die Weihnachtsgeschichte ist so vielfältig! Zum Predigen muss ich mich entscheiden, was ich daraus wähle.

Worauf können wir uns dieses Jahr konzentrieren?

Ich denke, wir sollten uns dieses Mal auf den Lobgesang der Engel konzentrieren:
“Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden”.
Die Geburt Jesu hat uns eine tiefe und große Wirklichkeit vor Augen geführt: Trotz aller Rückschläge, trotz aller Unruhen, trotz der Kriege in vielen Gebieten unseres Landes gibt es eine viel entscheidendere, viel mächtigere Wirklichkeit: den Frieden für uns. Es ist dieser Friede, der uns tatsächlich ausmacht, der uns trägt, der uns Zuversicht und Mut gibt. Es war die überwältigende Erfahrung in der Nacht der Geburt Jesu; es war die Erfahrung, die auch Lukas erschütterte: Wir brauchen nicht zu verzweifeln. Nein: Wir können erkennen, dass wir in der Realität dieser Welt [Gottes] leben. Dies ist der wahre Grund für unsere Existenz. Wenn wir zulassen, dass uns diese erstaunliche, diese überwältigende Botschaft erreicht, dass sie uns erfüllt – dann wird es für uns Weihnachten! Ich bin der Meinung, dass wir diese Botschaft brauchen, weil wir für den Frieden beten wollen.

Deshalb zeigt uns Lukas: Die Engel offenbaren diese Wahrheit in ihrem Lobgesang:

Ich habe einen Augenzeugenbericht über solche Ereignisse gelesen:

Bild Holzkreuz im Gedenken an den Weihnachtsfrieden bei Ypern, Belgien
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons xmas-truce-1914-1999

Als der Erste Weltkrieg, von dem man eigentlich dachte, er sei in wenigen Wochen vorbei, sich dem Ende zuneigte, hatten Ende 1914 die verantwortlichen Offiziere und ihre Soldaten an den deutschen und britischen Frontabschnitten den Mut, sich zu Weihnachten mit der anderen Seite zu treffen und gemeinsam zu feiern: Tausende deutsche und britische Soldaten an der Front in Belgien und Frankreich stellten die Kämpfe ein, trafen sich im Niemandsland und feierten Weihnachten: tauschten sich aus, verteilten Geschenke, gemeinsam Auf deutscher Seite waren an diesem “Weihnachtsfrieden” vor allem sächsische und bayerische Soldaten beteiligt. Ein bayerischer Soldat berichtete daraufhin nach Hause: “Zwischen den Schützengräben standen die verhassten und erbittertsten Gegner um einen Weihnachtsbaum und sangen Weihnachtslieder. Diesen Anblick werde ich für den Rest meines Lebens nicht mehr vergessen.”

Später gingen die Aktiven zurück zu ihren Seiten und das grausame Morden ging weiter.

Trotzdem – so denke ich – das Zeichen der Weihnacht, der Hinweis auf diesen wahren Frieden jenseits unserer Kriege, war für alle, die es gesehen und mitgestaltet haben, überwältigend: und Frieden auf Erden den Menschen, die Gott wohl gefallen!
Also: gegen die Realität des Krieges, diese Erleuchtung über die wahre Bestimmung unseres Lebens: Frieden, nicht Krieg.
Gibt es eine Realität, die diese Intuition rechtfertigt? Ja, diese Realität wird zuerst von den Engeln bezeugt:
“Ehre sei Gott in der Höhe!”
Denn alle, die Gott ehren, legen damit den Grundstein für den Frieden.

AMEN