2. Fastenpredigt

Thema: “Freiheit”

mit Pfr. Dr. Johannes Wachowski, Johanniskirche Lauf 2025
Predigttext Johannes 6,47-51

Das Predigtwort für den heutigen Sonntag Lätare steht im Johannesevangelium im 6. Kapitel. Es ist der Schluss der Brotrede Jesu. Der Evangelist Johannes schreibt (6,47-51):
Jesus Christus spricht: „47 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben. 48 Ich bin das Brot des Lebens. 49 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch – für das Leben der Welt.“

Herr, segne unser Reden und Hören durch deinen Heiligen Geist. Amen.

Liebe Gemeinde!

Machen wir Brotzeit.
Der Sonntagmorgen von Lätare ist eine gute Zeit dafür.
Denn das Predigtwort spricht sogar vollmundig von einer himmlischen und ewigen Brotzeit. Jesus sagt in ihm: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.“
Also: Machen wir Brotzeit.

Liebe Schwestern und Brüder!
Als kleiner Junge war die Brotzeit mit meinem Opa ein bisschen Himmel auf Erden.
Brotzeit mit dem Opa Hans war fast eine kleine heilige Zeit.
Mein Opa hatte nur noch wenige Zähne, sodass er das Brot klein einschnitt.
Alles wurde fast in Zen-Manier klein geschnitten, wenn es z.B. Stadtwurst mit Musik gab.
Ich machte mit, meine Opa erzählte Geschichten.
Gemeinsam bereiteten wir eine Brotzeit, die nur mit ihm, nur an diesem Ort, nur in dieser Zeitlichkeit, nur in diesem Arrangement so gut schmeckte.
Das kennt Ihr vielleicht alle, dass es bei der Oma und dem Opa noch einmal anders oder besonders gut schmeckte.
Die einfache Brotzeit bedeutete nicht nur Freiheit gegenüber vielen kindlichen Konsumwelten. Milchschnitten gab es damals zum Beispiel noch nicht.
Das Produkt Kindermilchschnitte wurde erst 1978 auf dem deutschen Markt eingeführt.
Und das Essen schmeckte nach viel mehr: nach Füreinanderdasein, nach Langsamkeit, nach Bleiben, nach Aufmerksamkeit, nach Geschichte, auch Familiengeschichte, nach der Liebe von Großvater- und Großmutter usw.
Ihr merkt schon. Brotzeit ist etwas Wunderbares.
Kein Wunder also, dass Jesus in die Welt des Brotes einkehrt, um seine Bedeutung zu unterstreichen: „51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.“
Der Jude Jesus hat die Bedeutung der Speisen und des Speisens bestimmt auch von seiner Bibel gelernt. In den Schriften seins Volks heißt es ja z.B.: Besser ein Gericht Gemüse mit Liebe als ein gemästeter Ochse mit Hass. (Sprüche 15,17)
Essen ist mehr als die Aufnahme von Nährstoffe.
Das macht das ganze 6. Kapitel des Johannesevangeliums, die sogenannte Brotrede, klar.
Sie kulminiert dann in dem Brot des Heils. Sie kulminiert in unsere heutigen Predigtwort.

Liebe Gemeinde!
Machen wir Brotzeit! Haben wir gesagt. Und wir schon ein gesehen, wie wichtig Orte, Zeiten und Menschen dafür sind.
In Deutschland spielt das Brot eine besondere Rolle.
„Brot gibt es in nahezu jeder Kultur auf der Welt. Die Art und Weise, wie es hergestellt und konsumiert wird, variiert aber erheblich, man denke nur an französisches Baguette, israelisches Pita-Brot, indisches Naan, die mexikanische Tortilla oder Damper, ein Busch-Brot der Aborigines aus Australien.
Allein in Deutschland soll es über 3.200 registrierte Brotsorten geben. 2014 nahm die nationale UNESCO-Kommission die deutsche Brotkultur in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Deutschland auf.
Laut dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks kauften im Jahr 2023 die privaten Haushalte 1.616.000 Tonnen Brot: »Die Käuferreichweite für Brot lag bei 97,6%, das heißt von 1.000 Haushalten in Deutschland kauften 976 im Jahr 2023 mindestens einmal Brot. Dieser Wert ist seit Jahren weitgehend stabil.« (Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks)
Brot ist ein Grundnahrungsmittel: Für viele Menschen gehört Brot zur täglichen Ernährung dazu. Das verleiht der Aussage von Jesus, dass er das »Brot des Lebens« sei, eine besondere alltägliche Relevanz und existenzielle Tiefe.“ (Wenig, 164)
Wo also anders als in Deutschland könnte das Ich-bin-Wort Jesu, das Wort „Ich bin das Brot des Lebens“ besser verstanden werden: Im Land des Brotes, könnte man fast sagen.
3200 registrierte Brotsorten gibt es hier. Viel zu Essen.

Liebe Gemeinde!
Wir wollen nur von drei Brotsorten sprechen.
Alle drei sind biblische Erzeugnisse.
Alle drei haben mit der Freiheit zu tun.
Alle drei weisen uns einen Weg in die Freiheit.
Und der Lieddicht stimmt ein, wenn wir nun in das Haus der Bibel einkehren und dichtet schön:
„Er weiß viel tausend Weisen, zu retten aus dem Tod, er nährt und gibet Speisen zur Zeit der Hungersnot, macht schöne rote Wangen oft bei geringem Mahl; und die da sind gefangen, die reißt er aus der Qual!“
Also, auf ihr lieben Seelen von Lauf. Laßt uns ins Lokal der Bibel einkehren.
Und mit diesem Liedvers „Er weiß viel tausend Weisen, zu retten aus dem Tod, er nährt und gibet Speisen zur Zeit der Hungersnot, macht schöne rote Wangen oft bei geringem Mahl; und die da sind gefangen, die reißt er aus der Qual!“ sind wir gleich bei der ersten Brotsorte.
Es ist das Brot der Freiheit. Diese Brotsorte geht auf das jüdische Passafest zurück.
Beim Passafest sitzen Jüdinnen und Juden nach der Synagoge im Haus zusammen und feiern den sogenannten Seder, eine Hausliturgie mit allen Sinnen. Im Laufe des Seders wir gelesen und getrunken, gegessen und gesungen, gelacht und gedacht. Und es werden Mazzen, das ungesäuerte Brot gegessen.
Das häusliche Fest wir mit dem Verzehr der ersten Mazza eröffnet. Und es wird gesagt:
Dies ist das Brot des armen Mannes, das unsere Vorfahren im Land Ägypten gegessen haben..“ Diese erste Verkündung konzentriert sich auf die Mazza als Symbol für die Armut, die das jüdische Volk während seiner Sklaverei in Ägypten erlitten hat.
Später in der häuslichen Liturgie heben Judinnen und Juden dann die Mazze wieder auf und sie konzentrieren sich auch auf die Tatsache, dass die Mazze gegessen wurde, als Gott das Volk Israel aus Ägypten geführt hat. Diese Mazze wird dann als Brot der Freiheit gegessen.
Deinen dreifachen Geschmack hat dieses Brot der Freiheit.
Zuerst lehrt es und, dass der Weg in die Freiheit nicht viel Materialität braucht.
Wasser und Mehl. Auf keinen Fall Hefe. Einfach, klar und schnell.
Das Brot der Armut, wird dann zum Brot der Freiheit.
Und ein katholischer Theologe, Tomas Halik, schärft uns ja wieder und wieder ein, dass das Problem der Kirche nicht der Atheismus oder die Ungläubigkeit sind, sondern ein dumpfer Konsumismus und unbändiger Materialismus der westlichen Welt.
Das wussten die Bettelorden, dass wussten viele Theologen, dass sich nur eine arme Kirche erneuern kann. Und vielleicht ist es sogar gut, dass die große Konsum- und Steuerparty, dass die dagobertinische Phase der Kirche, wie das genannt wurde, bald aus ist.

Liebe Gemeinde!
Neben der Gewürzmischung von Armut und Freiheit, lehrt uns das Brot der Freiheit noch etwas. Freiheit ist für uns Gläubige immer etwas Gegebenes, etwas Verdanktes, etwas göttlich Initiiertes.
Gewaltig wird das in der biblischen Exodusgeschichte erzählt: Plagenerzählungen und göttliche Demütigung der Mächtigen, Wegweisung mit göttlicher Wolken- und Feuersäule, göttliche Errettung vor den Feinden und die Wüste als göttlicher Ort der Offenbarung.
Die Freiheit des Volkes Israel ist also das Geschenk des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs.
Die Freiheit des Volkes Israel ist also das Geschenkt des Gottes Saras, Rebekkas, Rahels und Leas.
Und noch etwas lernen wir aus der Geschichte des Brotes der Freiheit.
Die Befreiung wir nicht als Triumphalismus gefeiert.
Das Jüdische und das biblische Israel werden immer wieder sozialethisch daran erinnert, dass man selbst Sklave war und in Armut lebte. So zum Beispiel bei vielen Begründungen der Gebote. Im wichtigsten Buch der Bibel, dem dritten Buch Mose heißt es z. B. (3. Mo0se 19):
„33 Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. 34 Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der HERR, euer Gott.“
Und natürlich kennt der pharisäisch geschulte Völkerapostel dieses Denken, wenn er der römischen Gemeinde einschärft (Römer 12,15). „Freut euch mit den Fröhlichen! Weint aber auch mit den Trauernden!“

Liebe Gemeinde!
Biblische Freiheit ist also immer auch eine göttlich gesetzte, wenn ihr so wollt, metaphysisch gegründete Freiheit.
Und biblische Freiheit wird immer auch eine Freiheit zu etwas.
So denkt das die Bibel: Freiheit ist immer eine Freiheit zu etwas, für etwas, eben verdankte Freiheit.
Und von dieser so gründeten Freiheit ist man frei, etwas frei und souverän in der Welt zu tun. Zum Beispiel die Gebote Gottes zu halten!
Nur geschenkte und verdankte Freiheit ist wirklich frei. Das lehrt das Brot der Freiheit.
Das ist etwas völlig anderes als es der Sponti-Spruch „High sein, frei sein, Terror muss dabei sein“ intoniert. Und dann frißt die Revolution ihre Kinder.
Das ist etwas völlig anderes als der Freiheitanspruch der Autokraten, amerikanischer, russischer oder chinesischer Provenienz. Und dann werden sich diese Ansprüche der Autokranten gegenseitig nivellieren.
Das ist etwas völlig anderes als die Rautenfreiheit, wo Deutschland im Grunde in eine vermeintliche Schlafwagenfreiheit eingelullt wurde. Und jetzt müssen wir um unsere Freiheit kämpfen, wie es der Kritiker des Islam Hamed Abdel-Samad in seinem Buch „Preis der Freiheit“ schreibt.
Aber werden wir nicht zu politisch.
Kommen wir lieber zur zweiten biblischen Brotsorte, wenn man das Manna heute mal so als Ersatzbrot bezeichnen darf.
Nach den Mazzen, das Manna und damit das Sabbatbrot.
Im Predigtwort heißt es ja: „49 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe.“
Im Ort der Offenbarung, der Wüste, nährte Gott sein Volk mit Manna.
In der jüdischen Tradition wird gelehrt, dass das Manna, das über 40 Jahre in der Wüste geben wurde den Israeliten Zeit gab, das Wort Gottes zu lernen. Ohne die Sorge um das tägliche Brot konnte also die Tora studiert werden, also die Gebote und Lebensweisen jüdischen Lebens (Wenig, 164).
Und das wäre was, wenn die Kirchen wieder anfingen das Wort zu lernen und zu studieren!
Und der Pastor ein Pastor legens wäre. Und nicht ein pastor theatralicus und dergleichen mehr.
Am Schabbat werden dann zwei Sabbatbrote gebacken.

Eben weil Gott schon in der Bibel immer doppelte Ration gab.
Damit konnte die Freiheit des Schabbats ganz Gott gewidmet werden.
Das ist ja das beste Schöpfungsprodukt des Schöpfungsprodukt: Gott hat am siebten Tag das aller Beste geschaffen. Zeit für Gott. Eine sabbatliche Kultur!
Und das kann man schön beobachten, wenn wir mit Jüdinnen und Juden den Schabbat feiern.
Da wird richtig Brotzeit gemacht. Da wird richtig mit den Kindern getafelt und gespielt.
So sage ich mir, hatte mein Essen mit meinem Großvater fast etwas sabbatliches.
Im Grunde war das ein Moment einer sabbatlichen Kultur mitten in einem einfachen christlichen Haushalt. Einer Kultur der Unterbrechung und deshalb der Freiheit.
Daran erinnert ja das Sabbatbrot und der Segen über das Brot: Wir sind Kinder Gottes.
Eben nicht verzweckt als Arbeits-, Konsum- Steuer- und was weiß ich für -Sklaven.
Wir sind frei Geschöpfe des Höchsten, der die Gotteszeit geschenkt hat, die Brotzeit des Himmels auf Erden.

Liebe Gemeinde!
Zweimal haben wir schon Brotzeit gemacht.
Mit dem Brot der Freiheit von der in Gott gegründeten Freiheit gehört.
Mit dem Ersatzbrot des Mannas von der Freiheit einer sabbatlichen Kultur.
Und zum Schluss zum Brot des letzten Mahles Jesu: Brot der Ewigkeit. Eine Brotzeit ewigen Heils.
Nur die letzten Brotzeit befreit und von der Vergänglichkeit.
Johannes schreibt ja:
„47 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben. 48 Ich bin das Brot des Lebens. 9 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.“
Das Abendmahl ist für uns die Brotzeit auf den Weg in die Ewigkeit.
Als Pilger kosten wir mitten in der vergänglichen Zeit von der Ewigkeit.
Liebe Schwestern und Brüder: Wichtig ist, dass wir unser Leben in Christus gründen, im Brot des Lebens.
Das macht uns frei von der Welt.

Ja, manchmal frage ich mich, ob die Christinnen und Christen deshalb mehr Frei-von- Etwas- Leben als Jüdinnen und Juden ihr religiöses Leben immer als „Frei-zu-etwas“ gestalten.
Ja, manchmal frage ich mich, ob das Christentum deshalb mehr Lebensverzicht und Askese hervorgebracht hat als das Judentum lebenszugewandt, witzig und fröhlich lebt.
Ja, manchmal frage ich mich, ob bei uns deshalb die Orthodoxie und dort die Orthopraxi eine so große Rolle spielen.
Aber das ist vielleicht zu holzschnittartig.
Wir wollen ja nicht, dass aus der Brotzeit eine plumpe Stammtischjause wird.
Liebe Gemeinde!
Gehen wir heute nach Hause von der Brotzeit mit Geschmack verdankter Freiheit.
Mit der Gewürzmischung Armut-Freiheit.
Mit einer sabbatlichen Esskultur und Christus als Brot des Lebens, als Befreier und Retter.
Luther hatte tiefste Erfahrungen der Freiheit beim Studium der Heiligen Schrift gemacht.
Hier hat sich ihm die christliche Freiheit in ihrer ganzen Tiefe erschlossen.
Zur Freiheit hat uns Christus befreit, hat Luther im Brief des Apostel Paulus gelesen.
Und das bedeutete für Luther eine Theologe des Kreuzes. Der gekreuzigte und auferstandene Christus ist der Grund seiner Freiheit. Das Wort vom Kreuz hat Luther wieder und wieder verkostet. Es war seine Leibspeise. Eine ewige Brotzeit mit dem Wort vom Kreuz!
Und warum nicht nach Hause gehen und nochmals Brotzeit gemacht.
Mit dem Wort vom Kreuz. Also gesegnete Mahlzeit und Freiheit!
Amen!

Kanzelsegen: „Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ Gemeinde: Amen.

3. Fastenpredigt

“Freiheit, Selbstbestimmung und Hingabe – was kann die Psychiatrie und Psychotherapie hierzu beitragen”

mit Prof. Dr. med. Thomas Kraus, Johanniskirche Lauf 2025
Predigttext Johannes 18,28-19,5 – Ein scheinbar wehrloser König

Liebe Mit-Christinnen und Mit-Christen,

wir befinden uns in der Fastenzeit – einer Zeit der Reflexion, des Verzichts und der inneren Neuausrichtung. Es ist eine Zeit, in der wir uns fragen (insbesondere angesichts der weltpolitischen Umbrüche): Wie frei sind wir eigentlich – und wie lange noch? Was bedeutet es, frei zu sein? Was heißt es, wahrhaft frei zu sein?
Ein Abschnitt aus dem Johannesevangelium zeigt uns eine zutiefst paradoxe Situation: Jesus steht vor Pilatus, er ist gefangen, misshandelt, verspottet – was hat das mit Freiheit zu tun?

Hören wir den Text aus Johannes 18,28 – 19,5:
„Sie führten Jesus von Kajaphas zum Prätorium; es war früh am Morgen. (…) Pilatus ging zu ihnen hinaus und sagte: Welche Anklage erhebt ihr gegen diesen Menschen? (…) Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. (…) Da nahm Pilatus Jesus und ließ ihn geißeln. (…) Pilatus trat wieder hinaus und sagte: Seht, ich bringe ihn zu euch heraus, damit ihr erkennt, dass ich keine Schuld an ihm finde. Jesus kam heraus, trug die Dornenkrone und den Purpurmantel. Pilatus sagte zu ihnen: Seht, der Mensch!“

Ein bedrückender Text, wie ich finde, aber gleichzeitig ein schockierend aktueller! Ich denke hier sofort an die ungerechten Verhaftungen von Regimegegnern, die wir derzeit wieder zuhauf erleben. Und es fällt mir Dietrich Bonhoeffer ein, der ebenfalls hätte fliehen können, der es stattdessen als seine Aufgabe sah, freiwillig im Land zu bleiben – und damit ins Konzentrationslager und schließlich den Tod zu gehen. Was für ein Mensch!
Jemand der äußerlich vollkommen unfrei ist, entscheidet sich bewusst und innerlich frei, seiner Berufung zu folgen, auch wenn sie in den Tod führt, vielleicht um ein Zeichen zu setzen, dass die innere Freiheit nie zu beschränken ist durch äußeren Zwang. Eine Selbstaufopferung aus einer Mission heraus – also für andere, für uns – wie bei Jesus.
Auf der anderen Seite sehen wir in der Psychiatrie und Psychotherapie immer wieder Menschen, die aus Selbstaufopferung ins Burnout gerutscht sind, sie sind meist schwer depressiv und wollen manchmal nicht mehr leben. Was ist hier der Unterschied zum vorigen Fall? Jemand der äußerlich vollkommen frei ist, wird innerlich von solch massiven Zwängen, Unsicherheiten und Abhängigkeiten geplagt, dass er nicht mehr nein sagen kann, wenn es darum geht, auch mal eine Pause einzulegen, oder den pflegebedürftigen Angehörigen einmal in die Kurzzeitpflege zu geben, oder dem Chef in der Arbeit gegenüber nein zu sagen, wenn er weitere Arbeit in der Freizeit und am Wochenende einfordert. Wo kommt diese innere Unfreiheit her? Manchmal aus schlechtem Gewissen, aus eingeimpften Schuldgefühlen oder übertragenden Leistungsansprüchen. Manche fühlen sich nur gemocht, wenn sie Übermenschliches leisten, manche erhoffen sich endlich Lob und Liebe von den Eltern zu bekommen, auch wenn diese vielleicht schon tot sind. Dann fällt mir oft der Spruch Jesu ein, „der Lahme kann nicht dem Kranken helfen“. Er verlangt also diese Form der Selbstaufopferung gar nicht von uns.
Fassen wir zusammen: es gibt auch äußere Unfreiheit bei maximaler innerer Freiheit und maximale äußere Freiheit bei vollkommener innerer Unfreiheit.

Was ist überhaupt Freiheit und wie hängt sie mit Selbstbestimmung und Selbst-Verantwortung zusammen?

1. Freiheit – die Basis eines gleichschenkligen Dreiecks

Freiheit bedeutet im Kern die Möglichkeit, zwischen Alternativen zu wählen. Sie kann sich auf äußere Umstände (z. B. politische oder finanzielle Freiheit) oder innere Prozesse (z. B. Angst-Freiheit, Willensfreiheit) beziehen.
Ein depressiver Mensch mag äußerlich alle Freiheit der Welt haben – doch in seinem Inneren fühlt er sich wie in einem Gefängnis. Jemand mit einer Angststörung vermeidet bestimmte Situationen, weil sie ihn zu sehr überfordern. Ein Suchtkranker erlebt den bitteren Widerspruch zwischen dem Wunsch nach Kontrolle und dem Zwang seines Verlangens. Und wir alle kennen die inneren Kämpfe zwischen dem, was wir eigentlich wollen, und dem, was wir aus Angst, Bequemlichkeit oder Gewohnheit tun.

Freiheit lässt sich also auch unterscheiden in:

Negative Freiheit: Freiheit von äußeren und inneren Zwängen (z. B. keine Diktatur, keine Bevormundung, keine befehlenden Stimmen im Kopf). Oder:

Positive Freiheit: Freiheit zu – also die Fähigkeit, das eigene Leben bewusst zu gestalten, also über sich selbst zu bestimmen.
Freiheit ist dabei die Voraussetzung für Selbstbestimmung – aber allein, als Freiheit an sich ist sie noch nicht sinnvoll. Ohne Reflexion kann sie in Willkür, Egoismus oder sogar in die Selbstzerstörung führen.

2. Selbstbestimmung – die Ausgestaltung der Freiheit

Selbstbestimmung bedeutet, das eigene Leben bewusst und reflektiert zu gestalten – auf der Grundlage der eigenen Werte, Bedürfnisse und Überzeugungen.

Sie setzt Freiheit voraus, denn man kann sich nur selbst bestimmen, wenn man auch entscheiden darf.

Sie erfordert aber auch innere Reife, z. B. die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung, Selbstkritik, Impulskontrolle und Perspektivübernahme.

Psychisch gesunde Menschen können in der Regel selbstbestimmt handeln, davon gehen wie aus. Bei schweren psychischen Erkrankungen (z. B. Psychosen, Manien, schwere Depressionen) kann diese Fähigkeit eingeschränkt sein – und dann müssen andere (z. B. Ärzte, Angehörige, rechtliche Betreuer, Richter) über uns in der Krankheit entscheiden. Wir sprechen von Fürsorge. Sie muss engen Grenzen folgen und durch gesellschaftlich festgelegte Regeln (also Gesetze) beschränkt sein. Der sog. natürliche Wille, sich in der Psychose nicht behandeln zu lassen, und den befehlenden Stimmen zu folgen, z.B. sich umzubringen, darf nicht über dem sog. freien Willen stehen, der ohne Krankheit zu einem selbstverantworteten Leben befähigen würde. Es geht also darum, durch – vorübergehenden und maßvollen Zwang zur Behandlung – den krankheitsbedingt verschütteten freien Willen wiederherzustellen. Schwierig – aber nötig – und möglich. Bei ethisch schweren Abwägungen haben wir mittlerweile auch die Möglichkeit geschaffen, ein unabhängiges Ethik-Konsil einzuholen.
Damit sind wir beim Begriff der Verantwortung angekommen, dem 3.Schenkel unseres Dreiecks nach Freiheit und Selbstbestimmung.

3. Verantwortung – die Konsequenz

Verantwortung bedeutet, für die Folgen des eigenen Handelns einzustehen – gegenüber sich selbst, anderen Menschen und der Gesellschaft.

Wer frei ist und sich selbst bestimmt, trägt auch Verantwortung.
Aber wie oft fliehen wir vor dieser Verantwortung! „Ich kann nichts dafür, so bin ich halt.“ „Es ist mir zu anstrengend, mich zu verändern.“ „Die anderen sind schuld an meiner Situation.“ Doch Verantwortung übernehmen bedeutet, dass wir uns nicht nur als Opfer unserer Umstände betrachten. Machen wir uns klar: Wir haben immer eine Wahl!

Verantwortung macht deutlich, dass Freiheit nicht grenzenlos sein kann – denn sie endet dort, wo die Freiheit anderer verletzt wird.

In einer ethisch orientierten Gesellschaft ist Freiheit nie Selbstzweck, sondern immer auch in Beziehung zu anderen zu verstehen. Es besteht eine Verantwortung für das Gemeinwohl, die Fürsorge füreinander.
Fürsorge darf aber auch nicht ausgenutzt werden von autoritären Staaten, die Oppositionelle und Andersdenkende sowie psychisch Kranke ausgrenzen, wegsperren und psychiatrisieren.
Lassen Sie mich wieder zusammen: Wie ist das Zusammenspiel zwischen Freiheit, Selbstbestimmung und Verantwortung?

Freiheit bedeutet, nicht beschränkt zu sein durch etwas oder für etwas.

Freiheit ermöglicht Selbstbestimmung.

Selbstbestimmung ohne Freiheit ist eine Illusion.

Freiheit ohne Verantwortung wird zu Egoismus.

Verantwortung ohne Freiheit führt zu Fremdbestimmung oder autoritärem Zwang.
In einer menschlichen, gerechten und seelisch gesunden Gesellschaft gehören alle drei zusammen – wie drei Seiten eines stabilen Dreiecks

Wie erreicht man nun innere, geistige Freiheit und wie kann uns die Psychiatrie und Psychotherapie dabei helfen?

Das Ziel vieler unserer Therapien ist klar: Freiheit und Selbstbestimmung wiederherzustellen, wenn sie durch Krankheit eingeschränkt sind.
Hierzu können wir mittlerweile auf eine Vielzahl von biologischen Mitteln zurückgreifen wie Medikamente, Hirnstimulationsverfahren, physikalische Reize oder Schlafphasenverschiebungen. Wir greifen also direkt und indirekt in den Gehirnstoffwechsel ein, um krankheitsbedingte Folgen zu normalisieren.
Heißt das, unser Denken ist nur ein Produkt unseres Gehirns, der Geist kann also gar nicht frei sein?
Ja, sagt die moderne Neurowissenschaft, wir sind physikalisch-biologisch determiniert, ein Produkt aus Strahlen, Atomen und Stromflüssen sowie von Zellteilung, Hormonen und Signalübermittlung. Machen wir die Probe: Überlegen Sie, ob ein umfallender Baum ein Geräusch macht, wenn sie viele Kilometer entfernt sind! Wer sagt ja, wer sagt nein? Farben gibt es ebenfalls nicht in der Natur.
Unser Gehirn erschafft unsere Welt, wir bekommen in einer Art Tunnel die Illusion einer Welt vorgespielt, eines Ichs und eines Bewusstseins des Ganzen. Der Philosoph Thomas Metzinger spricht von einem Ego-Tunnel in seinem gleichnamigen Buch. Unsere Wahrnehmung ist prediktiv, also vorhersagend, wir bekommen aus dem Gedächtnis also schon den vorhergesagten nächsten Moment als Ist-Zeit-Erleben eingespielt. Wenn wir gedankenversunken die Straße entlanggehen, merken wir dies nur, falls wir stolpern, denn dann ist ein Vorhersagefehler passiert. Wer von Ihnen hat sich noch nicht schon einmal gewundert, dass er oder sie minutenlang Auto gefahren ist, ohne sich dessen bewusst gewesen zu sein. Unser Gehirn steuerte uns unbewusst, während wir uns einem Gedankenfluss hingegeben haben, den wir meistens ebenfalls nicht initiiert hatten. Das Gehirn hat ausgerechnet, dass das Körperbudget nach mehr Glucose-Zufuhr ruft für die beabsichtigte Autofahrt und hat Hungergefühle eingespielt, ein wenig unangenehm gefühlsmäßig gefärbt, im Bauch lokalisiert und außerdem Gedanken an die Nahrungsbeschaffung verbunden mit der Angst, es nicht rechtzeitig zum Einkaufs-Laden zu schaffen, bevor er schließt. Alles eingespielt. Was ist daran frei? Also sind wir determiniert?
Die Frage nach der Freiheit und einer möglichen Vorbestimmung ist so alt wie die Menschheit und die Philosphiegeschichte selbst. Vor genau 500 Jahren 1525 verfasste hierzu Martin Luther – wie Sie wissen, feiern wir dieses Jahr auch 500 Jahre Reformation im Nürnberger Land – seine berühmte Schrift „De servo arbitrio“ („Vom unfreien Willen“), als Antwort auf den Humanisten Erasmus von Rotterdam, der die Lehre vom freien Willen vertrat. Luther widersprach entschieden: „Der menschliche Wille vermag nichts als sündigen.“ Luther sah den Menschen als nicht fähig an, aus eigener Kraft das Heil zu erlangen („verderbt“). Sein Wille sei durch die Sünde so sehr gebunden, dass nur Gott ihn befreien könne. Der Mensch sei also nicht wirklich frei in seinen Entscheidungen, sondern stehe immer unter einem Einfluss – entweder der Gnade Gottes oder der Macht der Sünde.
Manche sahen in dieser Lehre einen radikalen Determinismus: Wenn der Mensch keinen freien Willen hat, ist er dann überhaupt verantwortlich für sein Handeln? Das gleiche gilt für den neurowissenschaftlichen Determinismus. Kann eine Gesellschaft überhaupt jemanden bestrafen, wenn es gar keine Schuld gibt?
Wie kommen wir hier nun zu einer Lösung? Gibt es doch einen freien Willen?

Evolutionsbiologisch brachte es dem Menschen Vorteile, abstrakte Begriffe zu entwickeln wie Freiheit, Schuld, Gemeinsinn oder Liebe. Dadurch konnten sich Gesellschaften bilden, die gemeinsam besser überleben konnten. Der Ego-Tunnel ist also vernetzt, d.h. es gibt sich verzweigende Röhren. Und wie die Evolution ein lernendes System ist, so können wir innerhalb dessen auch erziehen und therapieren – und damit den Menschen verändern, formen und ein- oder ausgliedern aus unserer Gesellschaft. Der Determinismus hat also zumindest eine Änderungs-Perspektive in die Zukunft. Auch oder gerade wenn es nur eine Illusion ist, können wir sie uns trotzdem zunutze machen für ein Wirken und Verändern in der Welt.
Doch, reicht uns das? Wo ist der Geist bei alledem geblieben? Ist wirklich alles Geistige aus, wenn unser Gehirn nicht mehr arbeitet? Gibt es nicht wenigstens Teile eines höheren Geistes in uns, die überleben und sich vielleicht im (denkbaren) Jenseits vereinen – mit dem höheren Geist, also mit Gott? Gibt es überhaupt einen Sinn ohne ihn? Hier setzt der Glaube ein.
Als gläubige Menschen tun wir uns also in vielerlei Hinsicht leichter. Wenn alles einen Sinn haben soll und einen Anfang, dann geht dies nicht ohne einen Verursacher und evtl. Zielgeber. Also nicht ohne einen Geist. Weil wir glauben, gibt es einen Geist.
Und was sagt nun Luther zum Determinismus-Vorwurf? Luther meinte nicht, dass der Mensch keine Wahl habe – sondern dass er ohne Gottes Hilfe nicht das Gute wählen könne. Die Freiheit zur wahren Entscheidung kommt erst durch Gottes Gnade.
In der Psychiatrie verwenden wir nicht nur biologische Mittel, nein wir führen intensiv Gespräche, führen Psychotherapie durch. Psychiatrie ist Beziehungsmedizin. Wir helfen Patientinnen und Patienten einen freien Kopf zu bekommen, frei zu werden von ihren belastenden Gedanken, ihrem Grübeln und ihren Sorgen. Sie sollen ihren Geist wieder selbst steuern. Geht das denn? Kann man den Gedankenfluss stoppen? Können wir überhaupt „nicht-denken“? Machen wir folgendes kleines Experiment: Achten Sie einmal ganz genau auf den Beginn Ihres nächsten Gedankens!? Bei wem ist einer gekommen? Bei wem nicht? Na also. Wir können ja doch Gedanken steuern!?
Halten Sie nun inne und fixieren Sie mit den Augen einen Punkt vor Ihnen, betrachten Sie genau dessen Struktur für wenige Sekunden. Wenden Sie Ihre Aufmerksamkeit nun Ihrem Atem zu und genießen Sie einen langsamen, bewussten Atemzug. Gönnen wir uns noch einen kurzen Moment der Stille.
Diese Übung der Achtsamkeit sollten Sie mehrmals täglich wiederholen, auch indem Sie sich eine Pflanze betrachten, ein Bild oder einen interessanten Gegenstand. Die Autoren des Buches „Achtsamkeit to go“ beschreiben heilende Wirkungen ähnlich einer längeren Meditationsarbeit am Stück – nur eben kürzer.
Patienten, die schon morgens und abends im Bett von Ängsten oder Grübelgedanken geplagt werden, lernen z.B., sich auf einen Punkt an der Decke oder die Geräusche der Umgebung wie das Zwitschern der Vögel, zu konzentrieren, sie beobachten ihre Atmung, zählen rückwärts von Hundert, sagen positive Sätze (sog. Affirmationen) wie „Ich vertraue auf meine innere Stärke“ oder sie sprechen ein Gebet, wenn sie gläubig sind. Wenn sie keinen religiösen Hintergrund haben, nutzen viele gerne die uralten Metta-Sätze „Möge ich glücklich sein, möge ich gesund sein, möge ich behütet und beschützt sein, möge ich in Frieden und in Leichtigkeit leben“. Sie lernen also, ihre Gedanken zu steuern, sie nicht mehr ihrem freien Lauf zu überlassen, der nichts anderes als ein gespeichertes falsches (eben krankes) Konzept darstellt, das ihnen ständig vom Gehirn eingespielt wird.
Was erreichen wir also mithilfe dieser Achtsamkeitstechniken? Wir treten heraus, aus dem Auto-Pilot-Modus unseres Gehirns, wir bestimmen nun wieder selbst, was der Inhalt unseres Bewusstseins ist, wissend, dass wir unsere Gedächtnis-Konzepte damit umschreiben, positives Denken ruft positive Gefühle hervor und verändert unser Handeln, das wiederum auf die Gefühle zurückwirkt. Außerdem erzeugen wir bewusst und selbst neue Vorhersagefehler im neuropsychologischen Sinn, d.h. wir kommen tatsächlich in die Wirklichkeit (selbstverständlich innerhalb unseres Tunnels) und leben eine Zeitlang in der Echtzeit. Deshalb ist es auch anstrengender und erschöpfender und wir können es nicht dauerhaft durchhalten- dafür werden wir aber mit der Zeit immer besser darin, Achtsamkeit ist eine Lebensaufgabe.
Mithilfe von Psychotherapie und Achtsamkeitstechniken wird gedankliche Steuerung erreicht und damit innere Freiheit erzeugt, die volle Selbstbestimmung wird möglich. Ein verantwortliches Leben kann daraus resultieren.
Der Kreis schließt sich wieder und ich komme zurück auf das Zusammenwirken von Freiheit, Selbstbestimmung und Verantwortung. Martin Luther drückt dies wunderbar aus in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (1520) mit folgenden Worten:
„Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan.
Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“
Der erste Satz betont die Freiheit und Selbstbestimmung des gläubigen Menschen: Durch den Glauben ist er frei von äußerem Zwang, sogar von Gesetzlichkeit, auf jeden Fall von Schuld.
Der zweite Satz zeigt, dass diese Freiheit nicht zur Willkür führt, sondern zur Verantwortung und Hingabe an andere. Der christliche Mensch handelt aus freiem Willen zum Dienst – nicht aus Zwang also, sondern aus Liebe und Hingabe.
Luther bringt hier auf den Punkt, dass wahre Freiheit immer Verantwortung einschließt, und dass Selbstbestimmung nicht egoistisch, sondern beziehungsorientiert gelebt werden soll.

Kommen wir damit nochmals auf den heutigen Predigttext zurück.

Jesus lebt uns einen radikalen Freiheitsbegriff vor, die höchste Form der Freiheit zu etwas – nämlich die Hingabe an seine höhere Bestimmung, seine Mission, an den Gehorsam seinem Vater gegenüber und dessen Willen. Selbstaufopferung aus vollkommener Freiheit heraus – nicht aus innerem Zwang oder falsch verstandenem Selbsterlösungswillen heraus. Seine Freiheit war nicht die eines Rebellen, sondern die einer tiefen inneren Überzeugung.
Jesus sagt in Johannes 10,18: „Niemand nimmt es [mein Leben] mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin.“
Diese Freiheit unterscheidet Jesus von Pilatus, von den Hohenpriestern, von der tobenden Menge: Pilatus ist gefangen in seiner Angst vor Rom und dem politischen Druck. Die Hohenpriester sind gefangen in ihren Vorstellungen von Macht und Gesetz. Die Menge ist gefangen in ihrem blinden Hass und ihrer Manipulierbarkeit.
Jesus allein bleibt frei, weil er nicht aus Angst oder Zwang handelt, sondern aus Liebe. Und was geschieht? Pilatus bringt ihn hinaus und sagt: „Seht, der Mensch!“ Ja, genau das ist er: Der wahre, vollkommene Mensch. Der Mensch, der sich selbst hingibt – nicht aus Schwäche, sondern aus Freiheit.
Hierin liegt eine tiefe geistliche Wahrheit: Wahre Freiheit ist nicht die Fähigkeit, alles tun zu können – sondern die Fähigkeit, das Gute zu wählen. Insbesondere in der unserer modernen Welt, in der wir oft hören: „Ich bin frei, wenn ich mich nicht einschränken lasse, wenn ich tun kann, was ich will.“ Aber sind wir wirklich frei, wenn wir jedem Impuls nachgeben? Ist der Süchtige frei, der nicht aufhören kann zu konsumieren? Ist der von Zorn erfüllte Mensch frei, der nicht vergeben kann? Nein. Wahre Freiheit liegt nicht im Beliebigen, sondern im Wahren.
Was bedeutet das für uns? Es bedeutet, dass wir jeden Tag vor einer Entscheidung stehen: Leben wir eine Freiheit, die sich selbst genügt – oder eine Freiheit, die sich verschenkt?

Und genau hier setzt die Fastenzeit an – quasi als persönliche Einübung der echten Freiheit:
Wir fasten nicht, um uns zu quälen. Wir fasten, um uns selbst besser zu verstehen. Wir fasten, um zu spüren, dass wir nicht von äußeren Dingen abhängig sind. Wir fasten, um neu zu lernen, was es bedeutet, wahrhaftig frei zu sein.
Denn die wahre Freiheit beginnt nicht draußen in der Welt – sie beginnt in uns selbst.
Wenn Sie möchten, dann stellen Sie sich folgende Fragen:
Was hält mich davon ab, wirklich frei zu sein? Gibt es Ängste, die mich einschränken? Gibt es Gewohnheiten, die mich steuern? Gibt es Dinge, die ich loslassen müsste, um freier zu werden?
Vielleicht ist genau diese Fastenzeit eine Gelegenheit, sich diesen Fragen zu stellen. Nehmen Sie sich die Zeit! Wenn nicht jetzt, wann dann? Planen Sie für sich selbst täglich Zeit ein, 10 min morgens und abends, meditieren Sie, schreiben Sie Tagebuch, gehen Sie achtsam mit allen Sinnen spazieren. Beten Sie.
Schalten Sie Ablenkungen aus, gönnen Sie sich Handy freie Zeiten. Lauschen Sie auf die Stille! Die Antwort darauf wird aus Ihrem Herzen kommen!
Ich komme zum Schluss:
Freiheit ist kein Zustand, sondern eine tägliche Entscheidung. Eine Entscheidung, sich nicht fremdbestimmen zu lassen, nicht von äußeren und inneren Zwängen, von Ängsten oder Gewohnheiten. Eine Entscheidung für Selbstverantwortung und innerer Klarheit.
Die Fastenzeit ist nicht in erster Linie eine Zeit des Verzichts, sondern eine Zeit der wahren Befreiung. Wahre Freiheit ist Hingabe. Jesus hat uns zur Freiheit befreit. Leben wir sie!
Amen.

Mit Farben durch das Kirchenjahr

Textile Kunst in der Johanniskirche

Paramentenausstellung vom 24. bis 28. Mai

Mittwoch, 24. Mai, 20 Uhr: Vernissage mit Vortrag „Was hängt denn da? Einführung in die Geschichte und Symbolik der Paramente“ von Pfarrer Jan-Peter Hanstein und Musik vom Küttner-Streichtrio

Altäre und Kanzeln bzw. Lesepulte werden in unseren Kirchen schon seit langer Zeit mit farbigen, meist kunstvoll gestalteten Textilbehängen geschmückt, die auch als Paramente bezeichnet werden. Ihre Farben wechseln im Laufe eines Kirchenjahres immer wieder (violett, weiß, grün, rot, schwarz). Über die Neuanschaffungen grüner und violetter Paramente für die Johanniskirche sowie über die Restaurierung und Reinigung der übrigen Sets wurde im „blick“ letztes Jahr mehrfach berichtet. Sie alle, alte und neue Paramente, werden von Mittwochabend, 24. Mai bis Sonntag, 28. Mai (Pfingstsonntag), in der Johanniskirche ausgestellt. Donnerstag bis Sonntag von 11-18 Uhr geöffnet.

Da man sonst immer nur ein einzelnes Paramentenset für Altar und Kanzel aus der Ferne sieht, bietet diese Ausstellung die einzigartige Möglichkeit, alle diese Kunstwerke nebeneinander aus der Nähe zu betrachten und ihre ganz unterschiedliche Gestaltung wahrzunehmen.

Das Programm der Ausstellung im Einzelnen:

Mittwoch, 24. Mai, 20 Uhr:

Vernissage mit Vortrag „Was hängt denn da? Einführung in die Geschichte und Symbolik der Paramente“ mit Pfarrer Jan-Peter Hanstein.

Musik vom Küttner-Streichtrio

Donnerstag, 25. Mai und Freitag, 26. Mai: Besichtigungsmöglichkeit von 11 – 18 Uhr

Samstag, 27. Mai: Besichtigungsmöglichkeit nach der Orgelmusik zur Marktzeit um 11 -18 Uhr

Pfingstsonntag, 28. Mai: Nach dem Gottesdienst um 9.30 Uhr Besichtigungsmöglichkeit bis 18 Uhr.

Heiner Schächtele für das Johannisteam

Muttertagskonzert der Laufer Stadtstreicher

Sonntag, 14. Mai 2023 I 17.00 Uhr I Johanniskirche

Als Eröffnungsstück erklingt das Konzert für Viola und Streichorchester c-Moll von Johann Christian Bach (1735-1782) bearbeitet von Henri Casadesus (1870-1947).

Der 1. Satz beginnt in tänzerisch-barockem Charakter mit einem von zahlreichen Seufzerfiguren geprägten Thema. Im langsamen Satz kann das Soloinstrument seine wunderbare sonore, dunkle Klangfarbe voll entfalten, ausdrucksstark und gesanglich. Besonders eindrucksvoll ist die Stelle, wo eine Sologeige in Korrespondenz mit der Viola tritt. Der 3. Satz, molto energico, verlangt Virtuosität.

Magdalena Arantes, unsre Solistin ist 15 Jahre alt, und spielt schon lange bei den Stadtstreichern mit. Vor einem Jahr wechselte sie ins Musikinternat „Belvedere“ in Weimar, wo musikalisch sehr begabte Jugendliche optimal gefördert werden. Bei „Jugend musiziert“ erhielt sie 2022 im Bundeswettbewerb einen 2. Preis.

Das nächste Werk ist das Marimbaphonconcerto Nr. 1 „Soar“ von Robert Oetomo (geb. 1988). „Soar“ ist eine Verbindung von Klassischer Musik mit Rock´n Roll.

Der 1. Satz steht in Sonatensatzform und ist inspiriert von Strawinskis „Le sacre du Printemps“ mit seinen flotten Sechzehntelketten in den 2. Geigen und synkopische Akzenten in Marimbaphon und den anderen Instrumenten, harmonisch im Stil des Rock´n Roll. Eine Kadenz des Marimbaphons gespickt mit virtuosen Raffinessen leitet zum 2. Satz über. Dieser ist ein sorgenvolles Lamento, bei dem Soloinstrument und Orchester in Dialog treten. Der 3. Satz kombiniert Elemente der vorherigen Sätze mit neuen Effekten, virtuos im Marimbaphon, effektvoll in den synkopischen Pizzicati der Streicher stürmt er dem Schluss entgegen.

Agnieska Engelsdorf (geb. 1984) ist seit vielen Jahren den Stadtstreichern freundschaftlich verbunden. Sie studierte in Stuttgart und Nürnberg und begeistert sich für zeitgenössische klassische Musik für Schlagwerk. Mittlerweile kann sie auf eine erfolgreiche Karriere als Marimbasolistin zurückblicken. Derzeit unterrichtet sie an einer Gesamtschule in Marburg, studiert Lehramt Englisch und konzertiert.

W. A. Mozarts (1756-1791) Sinfonie A-Dur KV 201 entstand 1774 in Salzburg. Sie gilt neben der g-Moll Sinfonie als reifstes Werk dieser Zeit. Zu den Streichern treten nun 2 Oboen und 2 Hörner. Der Charakter des Werks ist heiter, federnd, gelöst, unproblematisch.

Nun kommt das Orchester voll auf seine Kosten!

Wichtigstes Intervall im 1. und 4. Satz ist die Oktav, mit der das Stück auch beginnt. Im 2. und 3. Satz sind punktierte Rhythmen das prägende Element. Ein von Lebensfreude bestimmter Schlusspunkt des Konzertes.

Karten an den Abendkassen erhältlich. Eintritt: 15,00 €, Schüler/Studenten10,00 €

BONHOEFFER-ORATORIUM wegen Krankheit verschoben

Die Aufführung des Oratoriums entfällt am Sonntag, 23. April 2023 um 17.00 Uhr in der Johanniskirche unter Leitung von Silke Kupper mit der Johanniskantorei, dem Jugendchor, Instrumentalisten und Sprecher. Der neue Termin wird zeitnah bekannt gegeben. Der Eintritt ist frei.

Auf sensible Weise spürt das Liedoratorium über Dietrich Bonhoeffer dem Lebensweg und der Theologie Bonhoeffers in ihrer radikalen Entwicklung nach. Dramatisch und verhalten zugleich entwickeln sich die einzelnen Lebensstationen, die mit der Hinrichtung Bonhoeffers knapp einen Monat vor Kriegsende enden und doch zu Hoffnung einladen.

Matthias Nagel, Kirchenmusikdirektor in der Evangelischen Kirche von Westfalen, gelingt es außerordentlich gut, die Liedtexte aufzunehmen und unverbraucht zu gestalten. Kein gängiger Kirchenrock, aber auch keine Nachahmung irgendeiner kirchenmusikalischen Klassik wurde verwendet. Stattdessen entstand Neues, Unverbrauchtes in Lied und Instrumentalbegleitung.

Dieter Stork hat ein eindrucksvolles Textgefüge geschaffen. Spannend entwickeln sich die einzelnen Lebensstationen Bonhoeffers. Kurze Zwischentexte wechseln sich mit den Liedern ab. Einige Liedtexte sind bewusst in Anlehnung an Texte Dietrich Bonhoeffers entstanden, zeigen aber auch stets eine eigene Linie. 

Stationstexte, Texterläuterungen und die Lieder selbst ergeben ein geschlossenes Ganzes, mit dem sich Bonhoeffers Leben und Wirken dem Hörer eindrucksvoll und ermutigend zugleich erschließen. 

Ein Liedoratorium, das „unter die Haut geht”.

Nicole Glamsch

Johanniskantorei und Jugendchor

Sopran: Nicole Glamsch

Flöte: Christine Theuerkauf; Piano: Norbert Gawor; Saxofon: Peter Schwarzer

Trompete: Johannes Stürmer; Drumset: Rainer Weber; Gitarre: Gerhard Stegmeier

Violine: Heidi Braun, Clara Arantes; Viola: Helene Richter; Cello:Daniela Nemski

Sprecher: Michl Zirk

Leitung: Silke Kupper

3. Fastenpredigt 2023: “Suchet der Stadt Bestes“ – zum Nachlesen

Die Fastenpredigt vom So, 26.03.2023 Pfr. Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing zum Nachlesen

Pfarrer Udo Hahn ist bekannt als Rundfunkprediger und Publizist. Er leitet seit 2011 die Evangelische Akademie Tutzing. Er war u.a. Redakteur beim Rheinischen Merkur und Oberkirchenrat der EKD. Für die Fastenpredigt kehrt er zurück zu seinen Wurzeln. In Lauf geboren hat er hier Abitur gemacht, in Neunkirchen am Sand ist er aufgewachsen.

PREDIGT:

Gnade sei mit euch von dem, der da war und der da ist und der da kommt. Amen.

Liebe Gemeinde,

heute auf dieser Kanzel zu stehen, ist ein besonderer Moment. Es ist ein bewegender Augenblick für mich, denn hier zu Ihnen zu sprechen, bedeutet: Ich bin zu meinen Wurzeln zurückgekehrt. Ich bin ein Laufer. Hier hat alles begonnen. Ich bin hier geboren. Und ich habe hier mein Abitur gemacht. Das Staatliche Gymnasium, wie es damals, 1982, noch hieß, hat meinen Horizont erweitert. Die Jahre am Gymnasium waren nicht immer einfach, aber ich verdanke der Schule viele Impulse, die ihre Wirkung erst im Laufe der Jahre entfalten sollten. Ohne diese Schule wäre ich nicht Journalist geworden und hätte auch nicht Theologie studiert.

Wurzeln sind wichtig. Sie geben Stabilität. Es ist gut zu wissen, wo man herkommt. Und sich immer wieder einmal seiner Wurzeln zu vergewissern. Heute ist so ein Moment. Ich habe mich sehr gefreut, lieber Herr Hanstein, als Sie mir die Einladung schickten, eine Fastenpredigt zu halten. Mich hier einreihen zu dürfen in die Liste der Predigerinnen und Prediger, ist mir eine Ehre.

Mit dem Thema für die Predigtreihe in diesem Jahr liegt die Messlatte nach meinem Empfinden besonders hoch. Die Herausforderungen der Zeit, um die es geht, sind gewaltig: Kriege, Klimawandel, Künstliche Intelligenz – jedes für sich hat sein eigenes Gewicht. Dass sie uns gleichzeitig beschäftigen, unterstreicht ihre Bedeutung. Und die Liste ließe sich mühelos erweitern. Die Fragen, die auf unserer Tagesordnung stehen, sind nicht trivial. Es geht um viel. Und es geht auch um mich selbst, um uns alle: Wie begegnen wir den genannten Themen? Wozu genau sind wir herausgefordert? Und welche Rolle könnte der Glaube spielen?

Ich spreche heute früh zu Ihnen als Theologe. Das ist die Expertise, die ich einbringe. Ich möchte Ihnen – mit einem Blick in die Bibel, konkret: ins Alte Testament, mit einem Text im Buch des Propheten Jeremia – Menschen vorstellen, die eine große Herausforderung zu bewältigen hatten. Man könnte von einer Zeitenwende sprechen, die sie erlebten. Die plötzlich von ihren Wurzeln abgeschnitten wurden. Die alles verloren haben, was ihnen Halt und Hoffnung gegeben hatte.

Wir gehen in das Jahr 597 vor Christus. Der babylonische Herrscher Nebukadnezar erobert Jerusalem. Die Stadt wird geplündert und zerstört. Bilder des Krieges – z. B. aus der Ukraine oder Erlebnisse während des Zweiten Weltkriegs, die viele noch ins sich tragen – vermitteln uns eine Vorstellung, welches Entsetzen, wie viel Gewalt, menschliches Leid dies bedeutete. Nach der Eroberung Jerusalems zwingt der Eroberer das gesamte Königshaus, die Oberschicht, Gelehrte, Handwerker und Fachleute, nach Babylon zu gehen. Der Plan ist klar: Sind sie weit weg, die Stadt Jerusalem wird nicht so schnell nicht wieder aufgebaut werden können.

In Babylon sitzen die Deportierten nun fest, während der Prophet Jeremia mit einem kleinen Rest im zerstörten Jerusalem verbleibt. Die Verbannten sind trostlos, wie gelähmt, traumatisiert. Sie wissen nicht weiter und können ihr Entsetzen kaum bewältigen. Schreckliches haben sie erlebt. Eine Perspektive für ihr Leben sehen sie nicht. Getrieben sind sie von Entsetzen über das Erlebte, von der Klage über ihr Schicksal und der Sehnsucht nach ihrer alten Heimat.

In diese Situation hinein schreibt ihnen Jeremia (29,4-7): „Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte; nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen und gebt eure Töchter Männern, dass sie Söhne und Töchter gebären; … Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s auch euch wohl.“

Was wir lesen – sind Worte des Trostes und der Ermutigung!

Die erste und wichtigste Botschaft des Jeremia lautet: Gott ist bei euch! Natürlich haben sich die Verbannten gefragt: Wie konnte Gott das zulassen? Warum wir? Wo war denn Gott, als das alles passierte?

Es ist die große Frage des Glaubens. Wo war Gott? Wo ist Gott? Die Verbannten meinten, Gott sei nur in Jerusalem zu finden. In der Babylonischen Gefangenschaft sind sie von Gott verlassen. Jeremia weitet ihr Gottesbild und sagt: Gott ist doch da, auch bei euch in Babylon. Das Volk Israel hat einen Lernprozess durchlaufen. Erst meinte es, Gott in der so genannten Bundeslade bei sich zu haben auf dem Weg durch die Wüste – nach dem Aufbruch aus der Knechtschaft in Ägypten. Später war es wichtig, Gott im Tempel in Jerusalem zu verehren. Jetzt musste es lernen, dass Gott auch in der Verbannung ist, an jedem Ort der Erde. Dieses Bewusstsein, dass Gott mitgeht, an jeden Ort dieser Erde zu finden ist, das war entscheidend für den Glauben des Judentums. Und es ist entscheidend für das Christentum. Du kannst Gott an jedem Ort finden. Du findest ihn auch dort, wo du es gar nicht für möglich hältst, wo du Kranke besuchst oder Gefangene, wo du Obdachlose und Geflüchtete beheimatest und Hungrigen zu essen gibst. Genau da findest du Gott, heißt es im Neuen Testament, im Matthäusevangelium.

Wo ist Gott? Er ist da. „Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“ – so hat es der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer formuliert, Weihnachten 1944, als er seiner Verlobten und seiner Familie schrieb. Das sind die letzten schriftlichen Worte Bonhoeffers, geschrieben im Gefängnis. Bonhoeffer wurde wenige Monate später, am 9. April 1945, im Konzentrationslager Flossenbürg ermordet.

Gott ist da – und deshalb könnt ihr an einem neuen Ort, an jedem neuen Ort Wurzeln schlagen. Beheimatet euch, empfiehlt Jeremia Er tröstet die Verbannten ganz praktisch: Nun findet euch da ein, wo ihr seid! Pflanzt Bäume, baut Häuser, gründet Familien. Wahrscheinlich war das nicht das, was die Verbannten hören wollten. Keine Rückkehrperspektive, die es anbietet. Vielmehr will er ermutigen, sich auf die neue Situation einzulassen. Verzagt nicht, auch wenn es euch schlecht geht! Macht das, was gerade möglich ist. Lasst euch nicht einflüstern, wie schlimm alles ist, sondern packt an.

In der Ermutigung, der Stadt Bestes zu suchen, ist der Brief auch politisch. Polis – das ist die Gemeinschaft, in der Menschen leben, die Kommune, die Stadt, das Dorf, der Verein. Da bin ich selbst gefordert und nicht nur Zuschauer. Was zu tun ist, was geschieht, es geht mich persönlich etwas an. Und ich kann selbst etwas beitragen. Jeder und jede kann etwas beitragen. Zum Glauben gehört der Auftrag zur Gestaltung der Welt. In einer Zivil- und Bürgergesellschaft wird dieser Auftrag als Einladung und Aufforderung zugleich betrachtet, sich einzubringen – als Einzelner und zusammen mit anderen.

Suchet der Stadt Bestes ist ein Leitmotiv der Arbeit, für die ich seit zwölf Verantwortung trage. Dort bearbeiten wir in Tagungen die Themen, von denen schon eingangs die Rede war: Wie lassen sich Kriege verhindern? Wie sieht ein gerechter Frieden aus? Was können wir gegen die Erdüberhitzung tun? Wie wird Künstliche Intelligenz unser Leben prägen? Das sind nur vier Themen von mehreren Dutzend Fragen, die wir in Tagungen aufgreifen, zu denen Menschen aus ganz Bayern und auch aus anderen Bundesländern kommen. Interessierte, die ein ganzes Wochenende diskutieren, ein Thema von allen Seiten betrachten, manchmal auch streiten, die sich orientieren, ihren eigenen Horizont erweitern, ein eigenes Urteil bilden möchten, mitreden wollen. Die nach Lösungen suchen, wenigstens nach Teillösungen, die ausprobieren, wie nächste Schritte, wie ein vernünftiger Kompromiss aussehen könnte.

Gott ist da – engagiert euch. Wir spüren: Hier geht es um die Haltung – meine Haltung, meine Einstellung. Wie ich den Herausforderungen begegne. Darin liegt auch eine Ermutigung zum kritischen Denken. Sich nicht verführen zu lassen von den Vereinfachern, von denen, die die Abgrenzung betonen – wir und die. Sich nicht verführen zu lassen on denen, die hasserfüllt andere abwerten. So kommen wir in unserer Gesellschaft nicht weiter.

Hoffnung auf Zukunft entsteht dort, wo Menschen sich zusammenfinden, das Gemeinsame herausarbeiten und nicht zuerst das Trennende betonen. Für einen allein sind die Herausforderungen natürlich zu groß, eine Überforderung. Deshalb ist es gut, sich mit anderen zu verbinden.

Und welche Rolle könnte der Glaube spielen? Er ist – wie wir bei Jeremia oder bei Bonhoeffer sehen – eine Ressource. Ich könnte auch sagen: Motivation. Die Welt verändern zu wollen – mit anderen und für andere –, das ist Motivation. Diese Ressource macht Glaubende nicht zu Besserwissern. Sie macht Glaubende aber zu Menschen, die im Vorfindlichen noch nicht das Endgültige sehen. Die vom Leid anderer nicht unberührt bleiben. Die sich interessieren für das, was um sie herum geschieht. Die Spielräume ausloten, sich beteiligen, mit anpacken, Verantwortung übernehmen. Die den ersten oder den nächsten Schritt wagen. Die im Wir einen Mehrwert für die Gesellschaft der Verschiedenen sehen. Die sich durch Scheitern nicht entmutigen lassen. Die immer wieder neu anfangen.

Der tröstende und ermutigende Ton der biblischen Worte klingt über die 2600 Jahre hinweg nach. Gott ist da, sagt Jeremia. Auch wenn du im Moment nicht weiterweißt: Lass dich nicht irre machen in deinem Glauben. Dein Gottvertrauen gibt dir Kraft. Das ist Trost, den wir uns gegenseitig zusprechen und die Ermutigung, mit unserem Engagement der Platzanweisung Gottes zu folgen und der Stadt Bestes zu suchen. Darauf liegt viel Segen für die Gemeinschaft, in der wir leben! Amen.

Fastenpredigten 2023 in der Johanniskirche

Akademiedirektor Udo Hahn, © Haist/eat archiv

Fastenpredigt III: “Suchet der Stadt Bestes“ mit Musik von JohannisBrass

So, 26.3.2023 mit Pfarrer Udo Hahn

Pfarrer Udo Hahn ist bekannt als Rundfunkprediger und Publizist. Er leitet seit 2011 die Evangelische Akademie Tutzing. Er war u.a. Redakteur beim Rheinischen Merkur und Oberkirchenrat der EKD. Für die Fastenpredigt kehrt er zurück zu seinen Wurzeln. In Lauf geboren hat er hier Abitur gemacht, in Neunkirchen am Sand ist er aufgewachsen. Die FastenpredigerInnen in der Johanniskirche Lauf 2023 geben Orientierung in aktuellen Herausforderungen, getragen von persönlichen und beruflichen Erfahrungen.

Der Gottesdienst findet am 23.3. um 9:30 Uhr in der Johanniskirche statt und werden musikalisch von JohannisBrass gestaltet. Danach gibt es die Möglichkeit zur persönlichen Begegnung mit den PredigerInnen beim Kirchenkaffee im Johannis-Saal.

“Herausforderungen unserer Zeit”

Kriege, Klimawandel und Künstliche Intelligenz sind wahrscheinlich die größten Themen im Jahr 2023 in unserer Gesellschaft. Wie begegnen wir ihnen? Wozu sind wir herausgefordert? Welche Rolle könnte Glaube spielen?

Diese Gottesdienste in der Passionszeit finden alle 14 Tage jeweils um 9:30 Uhr in der Johanniskirche statt und werden musikalisch umrahmt. Danach gibt es die Möglichkeit zur persönlichen Begegnung mit den PredigerInnen beim Kirchenkaffee im Johannis-Saal.

Elke Kaufmann ©Elaine Schmidt

Hier die Fastenpredigten 2023 zum Nachlesen!

Fastenpredigt I: „Wut und Beistand bei Hiob und heute“

So, 26.2.2023 mit Dr. Elke Kaufmann.

Elke Kaufmann ist geschäftsführende Vorständin des Diakonischem Werks der Dekanate Neumarkt, Altdorf und Hersbruck. Als gelernte Sozialpädagogin begann sie in der Dekanats­jugend, arbeitete als Gerontologin im Sozialdienst und Quartiersmanagement bei DIAKONEO und übernahm am Zentrum für Altersmedizin zunehmend mehr Geschäftsführungsaufgaben.

Unsere FastenpredigerInnen in der Johanniskirche Lauf 2023 geben Orientierung und machen Vorschläge, getragen von persönlichen und beruflichen Erfahrungen.

David Geitner ©privat

Hier zum Nachlesen!

Fastenpredigt II: „Berühre meine Wunden“ – Anteilnahme als Auftrag Christi in unserer Gesellschaft?!“

So, 12.3.2023 mit Diakon David Geitner. David Geitner ist seit Februar 2023 Berater für Kirchenasyl der Evangelischen Landeskirche in Bayern. Er arbeitete sieben Jahre bis Ende 2020 als Jugendleiter und in der Flüchtlingsberatung in unserer Kirchengemeinde Lauf. Zuletzt war er Geschäftsführer für Kindertagesstätten im Dekanat Hersbruck. Er ist Rummelsberger Diakon und hat zusätzlich einen Abschluss als Betriebswirt (VWA)

2. Fastenpredigt 2023: „Berühre meine Wunden“ – Anteilnahme als Auftrag Christi in unserer Gesellschaft?!“ – zum Nachlesen

Die Fastenpredigt vom So, 12.3.2023 mit Diakon David Geitner. zum Nachlesen

David Geitner ©privat

David Geitner ist seit Februar 2023 Berater für Kirchenasyl der Evangelischen Landeskirche in Bayern. Er arbeitete sieben Jahre bis Ende 2020 als Jugendleiter und in der Flüchtlingsberatung in unserer Kirchengemeinde Lauf. Zuletzt war er Geschäftsführer für Kindertagesstätten im Dekanat Hersbruck. Er ist Rummelsberger Diakon und hat zusätzlich einen Abschluss als Betriebswirt (VWA)

PREDIGT:

Liebe Gemeinde,

ein warmer Tag im vergangenen Sommer, als ich einen plötzlichen Anruf erhielt: Einer irakischen Familie mit drei Kindern droht die Abschiebung nach Polen. Die Kinder bereits zur Schule, sprachen deutsch und waren bei uns angekommen. Traumatische Erfahrungen hatten diese bereits hinter sich. Und nun zurück in ein Land, indem ihnen Obdachlosigkeit und Armut drohten. Bis kurze Zeit zuvor waren Abschiebungen ausgesetzt, da die polnischen Behörden mit der Unter-bringung überfordert waren.

Ein paar Telefonate später war klar, dass wir die Familie in den Kirchenräumen aufnehmen werden. Ehrenamtliche, Hauptamtliche – alle halfen zusammen.

Als ich die verängstige Familie schließlich in ihre neue Bleibe brachte und alle ihre Betten bezogen waren, kam die neunjährige Tochter auf mich zu. Umarmte mich, weinte und sagte dann leise: „Dankeschön! Jetzt sind wir in Sicherheit.“ Von dieser Begegnung war ich tief ergriffen und sie hat den heutigen Predigttext für mich lebendig werden lassen. 

26Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!

Thomas erkennt Jesus den Retter der Welt an dessen Wunden. In ihnen nimmt er das Wesen Gottes, die allesumfassende Liebe war.

Das spannende für mich an dieser biblischen Geschichte ist, dass es dabei nicht um eine theologische Überlegung über die physische Präsenz Jesu geht. Nein, es geht vielmehr um eine tiefere Dimension unseres christlichen Glaubens: Thomas ist emotional ergriffen, als er angesichts der Wunden erkennt und begreift, dass der Auferstandene und der Gekreuzigte der Gleiche sind.

Auch mir ging es in der Situation mit der Familie und in zahlreichen anderen Gesprächen und Begegnungen mit Geflüchteten, die sich in emotionalen Ausnahmesituationen befinden so. Gott ist da!

In den Wunden der Welt kann auch ich Christus erkennen. Überall dort wo ich der Aufforderung Gottes, dem Evangelium folge und mich den Wunden unserer Welt zuwende: Dort IST Gott. Gott ereignet sich überall dort wo Menschen sich vom Leid der Welt ansprechen und in Bewegung bringen lassen.

Hinsehen und Hingehen, zu den Menschen die Not leiden, ausgeschlossen werden und ausgegrenzt sind wird so zur Gotteserkenntnis.  

Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!

Liebe Gemeinde,

es ist gerade Passionszeit: Eine Zeit, die uns zeigt, dass der gnädige Gott gleichzeitig der gekreuzigte, leidende, grausamst möglich von Menschen hingerichtet und erniedrigt, aller Menschenwürde beraubte Gott ist.

Das Glaube an Christus und der Blick auf das Kreuz von der Empfindsamkeit, von der Anteilnahme für den Schmerz der Welt leben.

Thomas hat das erkannt. Er musste dafür die Wunden nicht tatsächlich berühren, sondern allein die Zuwendung, der Anblick haben ausgereicht, dass er in ihnen das Wesen Gottes erkannt hat

Wenn ich mich den Verwundeten dieser Welt zuwende, weisen mich diese verlässlich und einmalig auf Christus hin. Denn mit ihnen und ihnen ist Gott präsent.

Dann bekommt die Passionsgeschichte mit dem Leiden Jesu für mich plötzlich einen Sinn.

Gott ist in dieser Welt gegenwärtig. Er wirkt in und durch Liebe – manchmal trotz allem Augenschein – sorgt er inmitten und trotz scheinbaren Chaos für die Heilung der Welt.

Er zeigt uns dabei, dass er sich am Kreuz einmalig und letztmalig auf einen konsequenten Weg der Liebe und Zuwendung mit den Menschen einlässt.

Indem er sich aus der Welt herauskreuzigen ließ, indem er die Brutalität von Leid und Tod offengelegt hat, hat er gleichzeitig dem Leid und Schmerz die Macht genommen. Mit Blick auf das Kreuz dürfen wir wissen, dass Gott selbst inmitten des Schmerzes der Welt präsent ist.

Ein solcher Glaube und eine solche Zuversicht erscheinen vielleicht als eine Zumutung angesichts der Bilder aus der Ukraine oder anderen Kriegsgebieten und angesichts der Flüchtlingssituation an den europäischen Außengrenzen. Aber das Wort Zumutung trifft vielleicht genau, worum es beim Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit und Gerechtigkeit geht.

Denn Glaube ist keine esoterische Praxis mit Jesus Christus als Spiritual-Leader für ein besseres und sorgenfreieres Leben. Glaube entsteht und bewährt sich vielmehr genau dort, wo das Dunkel uns umstellt und keine menschliche Hoffnung zu sehen ist.

ZuMUTung meint: Dass den Menschen angesichts der Begegnungen mit den Wunden der Welt auch Mut erwachsen kann, Kraft zum Leben, Hoffnung auf Gottes Liebe und Barmherzigkeit.

Unser Kirchenvater Martin Luther hat es einmal folgt formuliert: „Christus kommt nicht so, dass er äußerliche Dinge ändern oder seine Schöpfung zerstören und anders machen wolle. […] Das ist aber ist die rechte Änderung, um welcher Christus gekommen ist: Das ein Mensch inwendig im Herzen anders werde.“

Denn die Passionsgeschichte ist der Beginn der Heldenerzählung unseres Gottes: Eine Erzählung des Glaubens, deren Held der menschenfreundliche Gott ist, der uns in Gemeinschaft ruft, der die Welt aus Liebe erlöst hat, der sich behutsam, zärtlich und leidenschaftlich mit der geballten Macht des Bösen auseinandergesetzt hat und der das Reich Gottes errichten wird, indem es weder Leid noch Tod noch Schmerz gibt.

Ostern zeigt mir, perspektivisch an Jesus – dass all das Böse eines Tages verschwunden sein und die Gemeinschaft mit Gott – vollendet werden wird. Wenn wir im Licht der Auferstehung auf die Welt blicken, sehen wir unser Schicksal:

Das wir bei Gott, eine Zukunft haben. Dann erfahren wir die Gewissheit, dass die Liebe Gottes nicht scheitern wird.

Und: Wenn wir die Auferstehung als wahrhaftig sehen, dann spüren wir die weltrevolutionäre Kraft, die von ihr ausgeht. Dann erfahren wir das Programm, welches Gott mit uns in dieser Welt vorhat: Die Welt zu verwandeln: An-Zu-Lieben in und gegen diese Welt

„An-Lieben“ verstanden als ein verwandelter Blick – im Geiste Gottes – auf und in diese Welt hinein. Als Vorgriff und mit einem glaubenden Geist verbunden mit der Gewissheit, dass der Mensch – ja die Schöpfung – eine Zukunft hat:  Das ewige Leben – Bei Gott!

Denn Gotteserkenntnis ist in der Bibel niemals nur ein kühles, objektives Wissen über Gott und die Welt. Es ist mehr als eine ontologische Bestimmung. Man kann Gott nicht aus der Distanz wahrnehmen.

Gott zu erkennen, führt zu einem verwandelten Herzen, einer Verwandlung unserer selbst, einer Angleichung unseres Lebens an das Wesen Gottes. Man kann es auch so sagen: Das Herz, mit dem man Gott erkennt, muss selbst vom Herzschlag der Barmherzigkeit, dem Recht und der Gerechtigkeit Gottes bestimmt sein. Wer Gott erkennt, wird von ihm verwandelt werden.

Wir selbst, die wir Gott zu erkennen suchen, werden Künder und Trägerinnen, Botinnen und Praktiker von Gottes Barmherzigkeit, Gottes Recht und Gottes Gerechtigkeit in der Welt.

Hier liegt die Aufgabe: Wir sind Instrumente für Gottes Barmherzigkeit, wir wollen uns von Gott gebrauchen lassen und den Menschen dienen.  

Nicht aus der Distanz, nicht durch bloße Almosen sondern verstanden als Bestimmung sich selbst hineinzustellen in den Strom der Liebe, Treue, Ehrlichkeit und Zuwendung Gottes zu den Menschen.

Als Christ kann ich nicht anders als empfindsam zu sein für die Sorgen und Nöte der Armen und Schwachen.

Liebe Gemeinde,

  • „Ich kann gar nicht anders“

…. sagte z.B. die Benediktinerin Mutter Mechthild, als sie vor zwei Wochen vor Gericht gefragt wurde, warum Sie mehreren Frauen welche in Italien schwer misshandelt wurden Kirchenasyl gewährt hat.

  • „Ich kann nicht anders: Als Helfen, immer wieder“…

… sagt ein Mitarbeiter der Drogenberatung, nachdem gerade ein Klient die Entgiftung ein weiteres Mal abgebrochen hat und zum wiederholten Mal traurig vor Ihm steht.

  •  „Ich kann nicht anders“

… sagte im vergangenen Jahr die Bayreuther Regionalbischöfin Dr. Greiner, als sie die Initiative ergriff zum Schutz iranischer Christen vor Abschiebung in ein tödliches Regime

„Wir können nicht Menschen taufen und sie dann allein lassen, wenn Gerichte ihren Glauben bezweifeln“.

  • „Wir können nicht anders“

…. sagen die „See Eye“-Mitglieder, die ihr Seenotrettungsschiff nach dem kleinen dreijährigen Jungen benannt haben, der im September 2015 an den Strand angespült wurde: Alan Kurdi. Seine Eltern waren mit ihm vor Krieg und Folter geflohen.

Liebe Gemeinde,

als Christ kann auch ich nicht anders, als in allen persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Prozessen auf Gottes Gerechtigkeit hinzuweisen. Mich aufzumachen zu den Wunden der Welt. Anteil zu nehmen. Und in dieser Anteilnahme, im Dialog erfahre und erlebe ich das Wesen Gottes immer wieder neu

Als Beschenkter, habe ich selbst seine Barmherzigkeit erfahren. Er hat mein Leben zurechtgebracht. Da stehe ich nun unter dem Kreuz und bin ein begnadigter Sünder, und als solcher darf ich mich auf den Weg zu den Wunden in dieser Welt machen.

Und hoffe auf Menschlichkeit angesichts des Unmenschlichen, liebe verzweifelt, glaube dem unverhofften Guten, trotz und gegen alle Wahrscheinlichkeit, stehe ich im Vertrauen auf dem schwankenden Boden in der Hoffnung, dass Gott auch in einer Welt voll Bösen “eine feste Burg ist”, wie es in dem Kirchenlied von Martin Luther heißt.

Und so schließe ich mit einem Gebet.

  • Möge Gott dich segnen mit Unbehagen Gegenüber allzu einfachen Antworten, Halbwahrheiten und oberflächlichen Beziehungen, damit Leben in der Tiefe deines Herzens wohnt.
  • Möge Gott dich mit Zorn segnen Gegenüber Ungerechtigkeit, Unterdrückung Und Ausbeutung von Menschen, damit du nach Gerechtigkeit Gleichberechtigung und Frieden strebst.
  • Möge Gott dich mit Tränen segnen, zu vergießen für die, die unter Schmerzen, Ablehnung, Hunger und Krieg leiden, damit du deine Hand ausstreckst, um sie zu tröten und ihren Schmerz in Freude zu verwandeln.
  • Und möge Gotte dich mit der Torheit segnen, daran zu glauben, dass du die Welt verändern kannst, indem du Dinge tust, von denen andere meinen, es sei unmöglich sie zu tun.

Und der Friede, welcher höher ist als all unsere menschliche Vernunft. Er bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Einzelne Textpassagen sind aus:

Frisch, Ralf „Was können wir glauben – Eine Erinnerung an Gott und den Menschen“ erschienen im Kohlhammer-Verlag

Halik, Thomas: „Berühre die Wunden – Über Leid, Vertrauen und die Kunst der Verwandlung“ erschienen im Herder Verlag

MUSIK UND TEXTE ZUR STERBESTUNDE

Karfreitag, 7. April,   15.00 Uhr Johanniskirche, Lauf an der Pegnitz

Musik:  Michaela Aichele (Sopran), Silke Kupper (Orgel)

Eva Maria Küttner, Lina Kupper (Violine)       

Jan-Peter Hanstein, Texte

Musik und Texte laden dazu ein, den Leidensweg und das Sterben Jesu Christi zu bedenken. In der Frömmigkeit evangelischer Christen kommt dem Karfreitag ein besonderer Rang zu. Er gilt vielfach als höchster Feiertag des Kirchenjahres. In der Andacht wird dem Leidensweg Jesu mit Lesungen und Musik nachgespürt. Die Sängerin Michaela Aichele musiziert gemeinsam mit Silke Kupper an der Orgel und Eva Maria Küttner und Lina Kupper (Violine) Arien und Lieder von Johann Sebastian Bach. Lieder und die Orgelwerke drücken das Passionsgeschehen musikalisch aus. Der Gottesdienst wird liturgisch von Pfarrer Jan-Peter Hanstein gestaltet.
 
Der Eintritt ist frei.

1. Fastenpredigt 2023: „Wut und Beistand bei Hiob und heute“ zum Nachlesen

Die Fastenpredigt vom So, 26.2.2023 mit Dr. Elke Kaufmann zum Nachlesen

Elke Kaufmann ©Elaine Schmidt

Elke Kaufmann ist geschäftsführende Vorständin des Diakonischem Werks der Dekanate Neumarkt, Altdorf und Hersbruck. Als gelernte Sozialpädagogin begann sie in der Dekanats­jugend, arbeitete als Gerontologin im Sozialdienst und Quartiersmanagement bei DIAKONEO und übernahm am Zentrum für Altersmedizin zunehmend mehr Geschäftsführungsaufgaben.

PREDIGT:

Liebe Schwestern und Brüder,

Welcher Versuchung können Sie nicht widerstehen?

Schokolade? Mal schnell die neuesten Nachrichten am Handy checken?

Das letzte Wort zu haben?

Immer wieder erliegt der Mensch den Versuchungen von Besitz, Macht und Geltungsdrang.

Auch Jesus war diesen Versuchungen ausgesetzt; doch er hat sie überwunden. Er wanderte ohne Habe durch die Welt, er wollte die Macht über Leben und Tod nicht und er wollte auch nicht als großer Heiler dastehen.

In unserem heutigen Predigttext geht es um die wohl größte Versuchung, die man sich vorstellen kann: Das Leid.

Hiob 2, 1-13

21Es begab sich aber eines Tages, da die Gottessöhne kamen und vor den Herrn traten, dass auch der Satan mit ihnen kam und vor den Herrn trat.
2Da sprach der Herr zu dem Satan: Wo kommst du her? Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Ich habe die Erde hin und her durchzogen. 3Der Herr sprach zu dem Satan: Hast du acht auf meinen Knecht Hiob gehabt? Denn es ist seinesgleichen auf Erden nicht, fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und meidet das Böse und hält noch fest an seiner Frömmigkeit; du aber hast mich bewogen, ihn ohne Grund zu verderben.

4Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Haut für Haut! Und alles, was ein Mann hat, lässt er für sein Leben. 5Aber strecke deine Hand aus und taste sein Gebein und Fleisch an: Was gilt’s, er wird dir ins Angesicht fluchen! 6Der Herr sprach zu dem Satan: Siehe da, er sei in deiner Hand, doch schone sein Leben!

 7Da ging der Satan hinaus vom Angesicht des Herrn und schlug Hiob mit bösen Geschwüren von der Fußsohle an bis auf seinen Scheitel. 8Und er nahm eine Scherbe und schabte sich und saß in der Asche. 9Und seine Frau sprach zu ihm: Hältst du noch fest an deiner Frömmigkeit? Fluche Gott und stirb! 10Er aber sprach zu ihr: Du redest, wie die törichten Frauen reden. Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?
In diesem allen versündigte sich Hiob nicht mit seinen Lippen.

11Als aber die drei Freunde Hiobs all das Unglück hörten, das über ihn gekommen war, kamen sie, ein jeder aus seinem Ort: Elifas von Teman, Bildad von Schuach und Zofar von Naama. Denn sie wurden eins, dass sie kämen, ihn zu beklagen und zu trösten. 12Und als sie ihre Augen aufhoben von ferne, erkannten sie ihn nicht und erhoben ihre Stimme und weinten, und ein jeder zerriss sein Kleid, und sie warfen Staub gen Himmel auf ihr Haupt 13und saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.

Amen.

Hiob leidet – unverschuldet.

Ganz viele Beispiele fallen mir dazu ein und nicht wenige erst aus den letzten drei Jahren: Das qualvolle Ersticken der Menschen am Anfang der Covid-Pandemie, die Einsamkeit vieler auf dem Höhepunkt der Lockdowns, die Bomben auf die Ukraine, die Verschütteten in der Türkei und in Syrien jetzt bei uns die zunehmende Armut in manchen Familien, weil das Geld nur für Strom oder Kinderschuhe in der richtigen Größe reicht.

Das Leid gehört zum Leben dazu.

Das Leid wirft verschiedene Fragen auf, Fragen des Miteinanders und des gelingenden Lebens:

Erstens: Was kann ich als Freund oder Freundin, als Verwandte, als Nächster tun?

Zweitens: Wie gehe ich als Betroffene gut damit um?

Drittens: Die Frage nach dem Warum? Wie kann Gott das zulassen?

– Bitte sehen Sie es mir nach: Diese letzte Frage will ich den Experten, den Theologinnen und Theologen überlassen.

Ich stehe hier als Sozialarbeiterin, als Dienstgeberin, als Mensch und suche nach Antworten auf die ersten beiden Fragen.

Die Geschichte erläutert die Fragen nach dem Leid nicht nur, ja sie inszeniert sie richtiggehend wie in einem dramatischen Bühnenstück.

Hiob wird in Szene gesetzt als das Opfer eines bizarren Handels zwischen Gott und dem Satan. Der Satan argwöhnt: Hiob sei nur fromm, weil es ihm gutgeht. Gott glaubt an die Treue Hiobs, er glaubt daran, dass Hiob sich nicht in Versuchung führen lässt – Deshalb lässt er sich darauf ein.

Das Buch Hiob erzählt keine Wirklichkeit, sondern ist eine Art „geistlicher Roman“, wie ich gelesen habe. Ein Roman, der uns Antworten geben kann, auf unsere Fragen.

Also sehen wir mal:

Zur ersten Frage, was kann ich als – Freund oder Freundin, als Nächster – tun?

Zwei Beispiele bietet der Text: Die Ehefrau und die Freunde.

Zunächst zu den Freunden: Sie reagieren schockiert, sie solidarisieren sich, sie schweigen mit ihm.

Die Freunde sind die Sympathieträger in diesem Stück.

Sie stehen Hiob wortlos bei, 7 Tage und Nächte lang. So viel Mitgefühl und Stärke muss man erst einmal aufbringen. Dabei­bleiben, sich dazusetzen, Schweigen, Stille und Tränen aushalten, auch wenn man sich hilflos fühlt. Die Freunde bieten keinen schalen Trost, sondern setzten sich zu ihm in den Dreck. Eigentlich sind sie gekommen, um ihn zu trösten, aber angesichts seines Elends bleibt ihnen jeder lapidare Zuspruch im Hals stecken. Sie sehen wie begrenzt ihre Möglichkeiten sind, sie spüren die Grenzen ihrer Macht.

Meiner Erfahrung nach liegt hier die erste große Versuchung im Umgang mit dem Leid: Zu glauben, dass man die Macht hat, zu retten. In der Sozialen Arbeit nennt man das „Helfersyndrom“: Wenn jemand anderen hilft, nicht aus Erbarmen oder Solidarität, sondern weil es ihm oder ihr selbst ein gutes Gefühl gibt.

Die Freude hingegen leisten Hiob Beistand, so gut es eben geht. Beistand leisten – das ist das, was wir als Nächste tun können!

Das zweite Beispiel für den Umgang mit dem Leid, liefert die Ehefrau:

Sie hat die wenig attraktive Rolle in dem Bühnenstück, ein wenig wie der Hofnarr an früheren Fürstenhäusern. Sie spricht aus, was alle denken, aber keiner zu sagen wagt; sie ist wütend, provokant, latent aggressiv – und – wenn wir uns Hiob wirklich auf dem Müllberg vor dem Dorf vorstellen – in aller Öffentlichkeit.  

Ist sie ihm darin nicht auch eine Nächste? In dem sie nüchtern zur Sprache bringt, was auch eine Möglichkeit wäre – und Hiob damit den Anstoß gibt, sich zu positionieren.

Ich glaube, die Ehefrau wird ihm zum Nächsten durch ihr ehrliches Aussprechen, durch ihre Wut.

Er kommt nämlich erst mit den provokanten Äußerungen seiner Frau aus seiner Wortlosigkeit, die vielleicht auch eine innere Erstarrung war. Sie bringt Bewegung in die Sache! Manchmal bringt uns erst eine klare Forderung von außen dazu, uns zu überlegen, was wir eigentlich wollen und denken.

Seine Frau wird ihm darin zur Nächsten, dass sie ihn in Bewegung bringt. Seine Frau empfiehlt gerade das, was die Absicht des Satans war. Hiob schilt sie deshalb „töricht“, das ist – so hab ich es gelesen, nach der Bibel jemand, der nicht mit Gott rechnet.

Vermutlich wird hier eine weitere Versuchung, die das Leid anderer mit sich bringt, in Szene gesetzt: Nämlich aufzugeben, die Hände in den Schoß zu legen  und zu jammern: Es hilft doch alles nichts! Wenn man in den Nachrichten von all dem Elend rings um uns her hört, von dem politischen HickHack, kommt man schon leicht in Versuchung zu sagen: Ich kann eh nichts ändern.

Doch: Wir können etwas ändern! Wie können den Leidenden zum Nächsten werden! Ich glaube, Beides tut Not: Wut und Beistand.

Die Wut, um auf die Straße zu gehen und Ungerechtigkeiten zu benennen, Veränderungen auf den Weg zu bringen, die Erstarrung und den Verdruss aufzulösen. Die Wut hilft, einen Missstand öffentlich zu machen und nicht wegzusehen. Der öffentliche Aufschrei rüttelt manchmal auch die Betroffenen selbst wach, die sich des Unrechts, das ihnen geschieht, gar nicht bewusst sind.

Und natürlich braucht es auch den Beistand, Aufmerksamkeit und Mitgefühl. Es braucht das Pflegen, das Kleiden, das Beherbergen, das Beraten, das Begegnen.

Als Diakonie ist das genau unsere Aufgabe: Hinzusehen, Ungerechtigkeiten zu erkennen und klar zu benennen und den Leidenden beizustehen, sich zu solidarisieren und Hilfe anzubieten

Nun zur zweiten Frage:

Wie kann ich als Betroffene besser mit eigenem Leid umgehen? Wie geht Hiob mit dem Leid um, das ihm widerfährt?

Hiobs Reaktion auf seine Erkrankung wird in V. 8 fast teilnahmslos geschildert. Kein Wort über die Schmerzen, kein Wort über die Verzweiflung, keine Klage, keine Frage, überhaupt kein Laut kommt aus seinem Mund.

Eine ganz normale erste Reaktion auf Leid, Schicksalsschläge und Traumata ist das.  Elisabeth Kübler-Ross beschreibt in ihrem Buch über Sterben und Trauer die Erstarrung als eine notwendige Reaktionsform auf eine fürchterliche Nachricht. Der Gedanke „Jetzt reicht es, ich mag nicht mehr!“ ist ganz normal.

Die Versuchung liegt wohl darin, in dieser Erstarrung steckenzubleiben, jeden Vorschlag, jeden Beistand abzulehnen, weil es ja doch nichts bringt und zu glauben, dass man auch selbst nichts ändern kann.

Hiob fügt sich in sein Schicksal: Seine Hautkrankheit verlangt, dass er die menschliche Gemeinschaft verlassen muss, er setzt sich außerhalb des Dorfes auf den Aschen – und Abfallhaufen.

Er übt sich in Demut –  Bewundernswert mutig fügt er sich in sein Schicksal.

Das mit der Demut fällt mir selbst – offen gesagt – nicht so leicht. Ich sehe hier Hiobs Verhalten als Einladung, als Anregung auszuprobieren, wie sich das anfühlt, das Vertrauen in den Mittelpunkt zu stellen. Der gläubige Hiob geht weiter, als ich es mir vorstellen kann und will. Hiob nimmt das Leid an.

Erst auf die Vorhaltungen seiner Frau hin, löste er sich aus seiner Erstarrung. Und im darauffolgenden Kapitel findet Hiob Worte für sein Elend. Immer entschiedener verlangt Hiob schließlich Antwort von Gott selbst. Er klagt Gott an:  Er hat meinen Weg vermauert … und Finsternis auf meinen Steig gelegt. … Er hat mich zerbrochen und meine Hoffnung ausgerissen wie einen Baum…Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch und nur das nackte Leben brachte ich davon.

In seiner Klage kann Hiob uns ein weiteres Beispiel geben. Er schimpft, er zetert, er fordert Gott heraus und er bleibt im Kontakt mit ihm. Er glaubt daran, dass Gott Gutes und Böses in seiner Hand hält und jedes Schicksal wenden kann.

Also, was kann ich als Betroffene versuchen, wenn ich leide?

Ich kann mich in Demut üben, die kann die Erstarrung überwinden, mich trösten lassen, Hilfe annehmen

und – wie wir bei Hiob sehen – wichtig ist es, in Verbindung mit Gott zu bleiben  – wenn es sein muss mit Weinen und Wehklagen, so wie es in dem Lied heißt: All Eure Sorge werft auf ihn.

Wie kann also es gelingen mit Leid umzugehen – mit dem eigenen und mit dem eines anderen?

Das Beispiel Hiob zeigt, wie im Angesicht des Leides, ein Weiterleben und vor allem ein Bleiben im Glauben möglich ist. Mit Demut und Klage, mit Wut und Beistand.

Amen.

Wochenlied: 347, 1-4 Ach bleib mit deiner Gnade

Predigtlied: 369, 1-6 Wer nur den lieben Gott lässt walten

631 All Eure Sorge werft auf ihn

Quellen:

Gottesdienstinstitut der ELKB, Lesegottesdienst 2023_02_26, Autorin: Christiane Murner

Bergmoser & Höller (Hrsg.), 2023, Invokavit