Der Duft von Nardenöl…

Predigt vom Palmsonntag, 5. April 2020
von Vikarin Friederike Hoffmann

Gnade sei mit euch und Friede von dem der da war, der da ist und der da kommt.

Aus ist es mit dem Weg ins Eiscafé. Aus mit dem Weg zum Bummeln. Aus mit dem Weg zu Freunden. Aus ist für viele der Weg zur Arbeit oder zur Schule. Das wäre jetzt mit Ferienbeginn ja vielleicht noch normal, doch es ist jetzt auch aus mit dem Weg in den Urlaub oder zu Familienfesten. Aus ist es auch mit dem Aus-dem-Weg-gehen zu Hause, wenn man plötzlich den ganzen Tag aufeinanderhockt. Und wieder andere finden jetzt noch schwerer einen Ausweg aus der Einsamkeit.
Kurz: wir befinden uns gerade wortwörtlich in einer Zeit der Ausweglosigkeit. Ausweglosigkeit für uns alle zu Hause. Und noch viel schlimmer: Ausweglosigkeit für viele, die jetzt in existenzieller finanzieller Not sind. Ausweglosigkeit für tausende Menschen auf der Flucht, die weder hin noch zurück können. Ausweglosigkeit leider auch für viele der Erkrankten: die Krankheit führt für zu viele ausweglos zum Tod.

Wir haben heute den Palmsonntag. Nur noch wenige Tage, dann ist Karfreitag. Auch der Weg vom Palmsonntag, von dem Tag, an dem Jesus noch mit Palmzweigen und Gesang in der Stadt Jerusalem empfangen wurde, bis hin zum Karfreitag ist ein Weg ohne Ausweg. Ja, Jesu Weg führt zum Kreuz. Ohne Ausweg. Die Verantwortlichen haben bereits beschlossen, ihn zu töten. Sie überlegen nur noch, wie und wann. Jesu Leben wird am Kreuz enden. Bald. Ohne Ausweg.

Es waren noch zwei Tage bis zum Passafest und den Tagen der ungesäuerten Brote. Und die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten, wie sie Jesus mit List ergreifen und töten könnten. Denn sie sprachen: Ja nicht bei dem Fest, damit es nicht einen Aufruhr im Volk gebe.

Markus 14,1-2

Die Verantwortlichen beratschlagen: nur noch zwei Tage bis zum Passafest, davor muss es geschehen. Ja, wir als Leser und Hörer dieser Szene haben es schon vor Augen: den nächsten Tag, an dem Jesus gefangen genommen, verurteilt und gekreuzigt wird; wir sehen schon die Ausweglosigkeit, in der Jesus sich da befindet.Und Jesus? Der isst. Nicht weit entfernt von Jerusalem in Betanien liegt er zu Tisch bei Simon, Simon dem Aussätzigen. Ich stelle mir vor, wie sie dort essen und lachen und sich Geschichten erzählen, vielleicht vom großen Passafest in Jerusalem der letzten Jahre. Doch von der Ausweglosigkeit, in der Jesus sich gerade befindet, ahnt zu diesem Zeitpunkt noch kaum jemand was. Bis…

Und als Jesus in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und lag zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt.
Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls? Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.
Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit. Sie hat getan, was sie konnte: sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis. Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.

Markus 14,3-9


Eine Frau betritt den Raum. Ruhig geht sie auf Jesus zu. Da gibt es einen lauten Schlag. Stille. Alle Augen wenden sich zu der unbekannten Frau. Sie steht hinter Jesus und hat noch das zerbrochene kleine Gefäß aus milchig, weißlichem Alabasterstein in der Hand. Und während das Öl sich ganz sacht über das Haar von Jesus ausbreitet, durchströmt ein intensiver Duft den Raum. Es ist ein eigenwillig erdiger Duft, etwas bitter, etwa wie Baldrian, mit einer leichten Süße. Nardenöl. Ja… der bittere Duft liegt schwer in der Luft. Als ob das, was am nächsten Tag kommen wird, schon jetzt vorweggenommen wird. Ja, man kann plötzlich den bitteren Schmerz und alles bittere Weinen der nächsten Tage riechen.

Mich berührt diese Frau. Mich berührt, wie sie da steht mit dem zerbrochenen Gefäß in der Hand mitten in dem bitteren Geruch. Sie verkörpert für mich die Ausweglosigkeit. Ich stell mir vor, wie sie heute mit dem zerbrochenen Gefäß ganz ruhig da stehen würde vor jeder Tür eines Geschäftes, eines Restaurants oder einer kleinen Firma, dessen Inhaber in existentielle Not geraten sind. Wie sie da stehen würde vor jeder Tür, wo ein Mensch verstorben ist. Vor jeder Tür, wo drinnen die Fetzen fliegen, weil man sich nicht mehr aus dem Weg gehen kann. Wie sie da stehen würde vor jeder Tür, wo jemand vor Einsamkeit vergeht. Ja sie steht mit dem zerbrochenen Gefäß ebenso mit Fliehenden, deren Hoffnungen zerbrochen sind, an geschlossenen Grenzen, wie hier an unseren Häusern. Und ich selbst geh spazieren bei diesem wunderschönen Wetter und habe diese Frau vor Augen und spüre plötzlich, was es tatsächlich bedeutet, diese Zeit der Ausweglosigkeit. Und das berührt und schmerzt mich.

Doch mit dem Geruch von Nardenöl liegt nicht nur Bitterkeit in der Luft, da ist noch etwas anderes: Linderung, Beruhigung und Heilung. Ja, Nardenöl wird zugesagt, dass es Angst lindert und beruhigt; und es wird verwendet, um Wunden zu heilen. Wie unglaublich stimmig, dass es am Tag vor Jesu Tod gerade Nardenöl ist. Es wird Jesus gut getan haben. Ja, zu dem Duft der bitteren Vorahnung tritt etwas, was dem entgegen steht, diesem bitteren Tod: Linderung. So sehr die Frau mit dem zerbrochenen Gefäß hinter Jesus die Ausweglosigkeit verkörpert, so sehr setzt sie dem ganzen großen ausweglosen Weg Jesu zum Tod setzt diese Frau auch etwas entgegen und zwar unverfälschtes, kostbares Nardenöl.
Und so steht diese Frau nicht da, um Angst zu machen oder damit die Jünger am Tisch und wir heute endlich kapieren, was wirklich los ist. Sie gibt dieses kostbare, unverfälschte Nardenöl, um etwas entgegen zu setzen. Sie versucht mit diesem Öl, die Angst zu lindern, die vielleicht jetzt schon da ist, und die Wunden zu heilen, die noch kommen werden.
Und gerade darin spüre ich schon etwas von Ostern: in der Linderung eine Spur von Gottes großer Liebestat, der ein für alle mal, dem Tod das Leben entgegengesetzt hat. Und eben das macht mir Mut und Hoffnung. Mit Blick auf Gott wird mir im Handeln der Frau klar: egal, wie bitter und egal wie ausweglos es scheint oder ist, es gibt etwas, was dagegen steht, nämlich Gott. Gott lindert Angst und heilt Wunden und in seinem Geist kann die Frau Angst lindern und Wunden heilen. Und so liegt für mich in dem Handeln der Frau Evangelium, die frohe Botschaft, von der Jesus sagt: “Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, wird man auch von dem sprechen, was sie getan hat, zu ihrem Gedächtnis.”

Ich spüre, wie diese Frau aus eben diesem Oster-Geist Gottes heraus gehandelt hat: ihr Handeln war im wörtlichen Sinne“geistesgegenwärtig”; sie war mit ihrem Geist ganz in der Gegenwart, hat den Moment gespürt, wahrgenommen und ernst genommen; sie war im Geiste ganz beim Gegenwärtigen, ganz beim Anderen, bei Jesus; und sie hat in sich Raum gehabt für Gottes Geist und seine Gegenwart.
Sie hat nicht, wie die anderen am Tisch gefragt: Was hätte man denn noch alles machen können mit diesem Öl? Ist es nicht viel mehr im Sinne Gottes gehandelt, wenn man es verkauft und das Geld den Armen gibt? Vielleicht. Doch hätte man am Tisch vorher darüber abgestimmt, hätten sie vermutlich diese Frage im wörtlichen Sinne “zu Tode diskutiert”. Bis der Moment verpasst und Jesus nicht mehr bei ihnen ist.
Die Frau dagegen spürt geistesgegenwärtig den Moment und handelt.

Ich frage mich, wer heute so geistesgegenwärtig im Geist Gottes handelt… Ich denke es sind nicht die, die alles hin und her wenden und langfristige Pläne entwerfen. Die handeln nächste Woche oder in ein paar Monaten oder auch nie. Die Menschen sind geistesgegenwärtig, die in dieser Zeit die Ausweglosigkeit sehen. Und zwar nicht nur die abstrakte Ausweglosigkeit, wie sie in angstmachenden Krankheitsstatistiken und rechtlichen Ausgangsbeschränkungen Ausdruck findet. Sondern geistesgegenwärtig sind und “sehen wie diese Frau” tun die Menschen, die ganz konkret bei Nachbarn, Familie, Freude, Kranken und Gesunden die Ausweglosigkeit sehen und handeln. Wie auch die Frau nicht im Fernsehen über Ausweglosigkeit gesprochen hat, sondern auf geradem Wege zu Jesus gegangen ist, hingespürt hat, Ausweglosigkeit geahnt und ihr etwas entgegen gesetzt hat.
Ich denke, die Menschen sehen handeln geistesgegenwärtig wie diese Frau, die bei anderen anrufen und nachfragen “Wie geht es dir?” oder einen lieben Brief oder eine aufmerksame WhatsApp-Nachricht schreiben; die zu Hause nicht nur die eigene Ausweglosigkeit sehen, sondern auch die von denen, die da auf engem Raum mit ihnen zusammen leben; die Menschen handeln im Geist Gottes, die für andere einkaufen gehen. Die Menschen verändern im Geist Gottes den Duft der Stunde, die die Fenster öffnen und zusamme Musik machen oder zusammen Ärzten und Pflegepersonal applaudieren.

Im Geist Gottes handeln die Menschen, die der Ausweglosigkeit etwas entgegensetzen. Nicht “im Kampf” gegen die Ausweglosigkeit, sondern aus Liebe, wie diese Frau, die so ein gutes Werk an Jesus getan hat. Jesus sagt über sie: “Sie hat getan, was sie konnte!”

Auch heute spüre ich an vielen Orten und bei vielen Menschen den Geist Gottes. Trotz allem. Und so habe ich Hoffnung, dass diese Zeit doch keine ausweglose Zeit ist, so sehr sie auch viele Auswege verschließt, vor allem die gewohnten. Ich habe Hoffnung, dass Gottes Geist des Lebens schon gerade im Moment diese Zeit durchweht und wir alle im Spüren auf seinen Geist neue Wege finden werden. Ich habe Hoffnung, dass in Gottes Gegenwart und in unserem Tun auch im Zerbrochenen und Bitteren Heilung und Leben liegen kann.

Der Friede Gottes, der höher ist, als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Vikarin Friederike Hoffmann

Laetare Christuskirche Lauf: „Ich will euch trösten wie eine Mutter“

Predigt zu Jesaja 66 am 22.3.2019 von Pfarrer Jan-Peter Hanstein

„Wir werden durch Corona unsere gesamte Einstellung gegenüber dem Leben anpassen – im Sinne unserer Existenz als Lebewesen inmitten anderer Lebensformen.“

(Slavoj Žižek, März 2020)

Gnade und Friede sei mit euch, von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus.

Wir beten in der Stille um den Segen des Wortes Gottes.

Erhör uns lieber Herr Gott!

Liebe Gemeinde,

Ich werde zur Zeit oft gefragt, wann Corona denn „vorbei sein wird”, und alles wieder zur Normalität zurückkehrt. Die Antwort: vielleicht gar nicht. Es gibt historische Momente, in denen die Zukunft ihre Richtung ändert. Die Zeit wird sozusagen untreu. Ein Impuls verändert den gewohnten Lauf der Zeit. Wir erwarten immer, dass alles so bleibt wie es ist.  Aber dieser Einschnitt vergisst sich nicht mehr. So etwas nennen wir Epoche (von altgriechisch epoché „Haltepunkt, Abschnitt“.)

Eine Zeit des bangen Wartens. Die Welt scheint still zu stehen. Eine echte globale Katastrophe.

Wir müssen alles anhalten. Gleichzeitig rast die Entwicklung scheinbar ungebremst vorwärts. Fast täglich verdoppeln sich die Zahl der Neuinfizierten. Viele fühlen sich nach dieser Woche leer und erschöpft. Diese Phase kennen wir Pfarrer von der Begleitung von Trauernden. Die Leere kommt nach der Phase des Aktivismus, wenn unser Leben sich schicksalhaft wendet. Zuerst war da noch Hektik wie die Hamsterkäufe und die Organisation der veränderten Umstände und dann kommt die Leere. Halt. EPOCHE. Und wir beginnen uns zu fragen: wie wird es weitergehen?  

Wenn die Umstände Humor zuließen, würde ich sagen: Wir haben gerade eine Situation, wie sie sich gerade manche Christen vor allem Pfarrer gewünscht haben:

Absolute Stille in der Passionszeit. Kein Konsumrausch mit Eiern und Osterhasen. Noch nie bin ich so still zu einem Gottesdienst gefahren. Zu einer leeren Kirche.

Manche Menschen haben plötzlich unendlich viel Zeit, über sich und über ihr Leben nachzudenken.

Andere sind plötzlich systemrelevant: Pflegerinnen, Erzieherinnen, Verkäuferinnen! Frauen und Mütter. Ihre Männer können zu Hause bleiben, soweit sie nicht Polizisten, Feuerwehrleute oder Fernfahrer sind! All die Büro- und Bullshitjobs spielen jetzt in der Zeit der Bedrohung keine Rolle mehr. Vielleicht deutet sich hier schon eine Änderung an!

Manche Kollegen haben im Vorfeld zu mir gesagt:

Janosch, warum machst du das mit dem Gottesdienst-Streamen? Was soll der Stress?  Lass doch mal die Lücke offen. Wüstenzeit … Warum der  Anschein der Normalität? Halt doch mal den Mund. Lass Gott selbst reden. Hab Geduld. Alles entwickelt sich … 

Aber hier bin ich … Sorry. Warum sollen wir das Internet Amazon und den Pornos überlassen? Gottes Wort findet seinen Weg. Ich kann nicht anders… als heute und jetzt zu predigen. Mir kamen die vergangenen Tage unendlich lang, angefüllt und merkwürdig vor.

Denn die Welt, wie wir sie kennen, löst sich gerade auf. Aber dahinter fügt sich eine neue Welt zusammen, der Umrisse wir vielleicht erahnen können. Und diese wichtige Erfahrung wird uns und unsere Kinder stärker und mutiger machen. Glaubt ihr das?

Dafür möchte ich eine geistige Übung anbieten.  

Ich möchte euch mitnehmen in die Welt der Bibel und der Propheten. Ich möchte euch mit einer Methode vertraut machen, die der Prophet Jesaja anwendet in Zeiten größter Not. Jahrtausende haben die LeserInnen aus der Erfahrung der Bibel gelernt. denn welches Volk kennt sich besser aus als Israel mit Krisen?  

Der Zukunftsforscher Matthias Horx, dem ich entscheidende Impulse verdanke, nennt diese Methode Re-Gnose*. Im Gegensatz zur PRO-Gnose schauen wir mit dieser Technik nicht »in die Zukunft«. Sondern von der Zukunft aus ZURÜCK ins Heute. Klingt verrückt, oder? Aber das ist wahre Prophetie, von der Zukunft auf unsere Zeit zu schauen. Da müssen wir hin! Denn diese neue Welt ist die Zukunft Gottes! (Allerdings ist diese Version die optimistischste von 4 Szenarien …)

Hört Jesaja, das 66. Kapitel: Verse 6-9 EINBLENDUNG

Hört ihr den Lärm in der Stadt? Er kommt vom Tempel her. Ich, der HERR, halte Gericht! Mein Vergeltungsschlag trifft alle meine Feinde. Kann eine Frau ein Kind gebären, noch ehe die Wehen über sie kommen? Wer hat so etwas schon gesehen oder davon gehört?

Kann ein ganzes Land an einem einzigen Tag zur Welt kommen? Wird ein Volk in einem Augenblick geboren?

Ja, Zion wird es so ergehen!

Kaum spürt sie die ersten Wehen – schon sind ihre Kinder da. Warum sollte ich diese Geburt erst einleiten und dann im letzten Moment noch verhindern? Meint ihr, ich verschließe den Mutterleib, damit das Kind nicht zur Welt kommt – ich, euer Gott?

Jes 66,6-9 HAT

Mitten hinein spricht Jesaja in die Urkatastrophe Israels: Die Zerstörung des Tempels, der totale Sieg Babylons. Das Triumphgeheul der Feinde. Die Schreie der Verletzten und Gefolterten, Jerusalem eingenommen und zerstört – und in diesem Moment, sagt Jesaja im rückblickenden Vorblick – wird ein ganzes Volk geboren in einer Blitzgeburt. Ein neues Volk ist geboren! Re-Gnose!

Viele Alttestamentler sind sich einig, dass es das Volk Israel nicht geben würde, ohne diese Katastrophe. Sie wären ein Volk mit Tempeln und wechselnden Göttern geblieben und untergegangen wie alle anderen Kulturen der Antike. Hebräisch hätten wir entziffern müssen wie die Hieroglyphen.So aber sehen sie in der Katastrophe Gott am Werk. Als Geburtshelfer. Und jeder, der bei einer Geburt dabei war, weiß, dass auch eine Blitzgeburt richtig weh tut.

Im Exil werden die Juden nicht müde, alles von diesem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs zu sammeln und zu beschreiben. Von dem Gott Moses, der gesagt hat:

ICH BIN, ICH BIN DER ICH SEIN WERDE, ICH BIN DA! Ich bin der Herr.

So eine Katastrophe erleben wir gerade. Klar. Das tut richtig weh. Ich muss das nicht beschreiben. Was das wirtschaftlich bedeutet für viele von uns. Und noch mehr, wie gefährdet die Gesundheit von vielen ist. Schaut hin, was geschieht! Die Corona-Zeit wird nicht vergessen werden.

Nach der Katastrophe: Die ganzen Apokalypse-Serien auf Netflix schaut kein Mensch mehr. Sogar die endlos brutalen finsteren Krimis haben ihren Höhepunkt überschritten. Prophezeie ich mal mit Matthias Horx…

Wir werden feststellen, dass man sogar Lösungen für das leidige Klopapier finden wird, nachdem der Ipad die Zeitung abgelöst hat …

Wir halten auch fest: Die ganze künstliche Intelligenz hat keinem Politiker helfen können, schwere Entscheidungen zu treffen und war grandios überschätzt worden.  

Ja es ist ernst. Wir werden Tote zu beklagen haben. Niemand weiß, wie viele. Wir Pfarrer stellen uns mental schon darauf ein. 

Wir sind mit einer Krankheit konfrontiert, für die wir noch kein medizinisches Mittel haben. Die Älteren und Vorerkrankten jeglichen Alters sind besonders gefährdet.

Ich finde es unglaublich ermutigend, dass dafür eine Gesellschaft anhält und sagt: Leben geht vor. Leben geht vor Wirtschaft. Leben geht vor Kalkulieren. Das ist zutiefst christlich. Unmögliches wird mit menschlichen Mitteln möglich gemacht. Das macht Mut! Vielleicht siond noch ganz andere Dinge möglich!

Sicher – vielleicht schon im Sommer werden wir vielleicht Medikamente und Impfungen haben und bis zum Ende nächsten Jahres ist dann Corona überwunden. Solange aber befinden wir uns in Gottes Hand.  

In Holland dagegen sagt ein Minister öffentlich:

Normalerweise zahlen wir für ein gewonnenes Lebensjahr in der Krankenversicherung bis zu 60.000€ – alles darüber ist zu teuer. Sie lassen es einfach laufen. Aber wer so rechnet, nimmt den Kauf von hunderttausenden Toten in Kauf. Liebe Gemeinde! – Gott schütze die Niederlande!

Wir aber in Deutschland wollen, dass das Leben Vorrang hat vor allem anderen. Wir fordern, dass mutige Entscheidungen getroffen wurden, die sich niemand jemals hat vorstellen können! Denn jedes Leben zählt!

Aber die Angst? Wenn wir die Krise überwunden haben, werden wir zurückblicken – REGNOSIS und sehen:   

Auch die Tage der Apokalyptiker sind gezählt: Apokalyptiker sind die, die jedes Mal das Ende der Welt heraufbeschwören. Die von der Angst der Menschen in der Zeit der Katastrophe zehren:

Ich möchte euch ein Erlebnis von den Ökumenischen Bibelabenden in Lauf 2020 erzählen. Ich begegnete nach dem Vortrag beim Stehimbiss zwei Männern. Ich frage, wie es ihnen gefallen hat. Ich spüre dass sie sehr erregt sind. Sie  beben vor Zorn auf ihrer Meinung nach zu laue Theologen, die das Gericht auslassen, weil durch diese Unterlassung so viele Menschen verloren gehen werden. Sie wollen Angst machen vor dem Gericht Gottes. Eine Lust auf Strafe, auf Zerstörung spüre ich in Ihnen. Solche Menschen sind mir unheimlich. Gerade weil sie sich auf Christus berufen.

Haben diese 2 Männer recht gehabt, die mir vielleicht gerade zuschauen! Würdet jetzt wirklich sagen: Corona ist jetzt das Gericht? Die Endzeit?  

Ich sage nein: Nein. So sieht Gottes Gericht nicht aus! Weil das Virus hauptsächlich, die Ärmsten, Ältesten und Schwächsten trifft. Das ist es noch nicht das Ende. Aber eine Katastrophe, biblisch eine Plage ist es schon!

Jesus sagt: (Wochenspruch – nehmt den mit auch wenn ihr alles andere vergesst!)

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es ein einzelnes Korn.

Aber wenn es stirbt, bringt es viel Frucht.

Wie anders spricht Jesus als diese zornigen jungen Männer, wie liebevoll und abgeklärt.  Er setzt auf Veränderung statt Strafe! „Fürchtet euch nicht“ wiederholt er gegen die Angstmacher. Die Katastrophe geschieht außerhalb unserer technischen Möglichkeiten. Aber überwinden werden wir sie durch den Glauben und die Liebe! Auch das Weizenkorn muss hindurch den Tod zum Leben, um Frucht zu bringen.

Nicht Angst und Isolation, oder Strafe und Zorn. Sondern Vergebung und Solidarität … Und Jesus selbst sagt: “Vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.”

Re-Gnosis: Aus der Zukunft auf das Jetzt geschaut. Vergleichen wir mal unsere Ängste vor der Corona-Zeit! Wer erinnert sich jetzt noch an das Stürmchen namens Helga? Als fast die Welt unterging weil in Kitas und Schulen einen ganzen Tag ausfielen?

So ist Gott am Werk. Das ist Re-Gnosis.* Die Methode Jesaja, könnte ich auch sagen. Hören wir den Propheten weiter:

Wie er weit in die Zukunft schaut und mit wem er Gott vergleicht:

Gott spricht:

9 Warum sollte ich diese Geburt erst einleiten und dann im letzten Moment noch verhindern? Meint ihr, ich verschließe den Mutterleib, damit das Kind nicht zur Welt kommt – ich, euer Gott?

Nein – Freut euch mit Jerusalem! Jubelt über diese Stadt, alle, die ihr sie liebt! Früher habt ihr um sie getrauert, doch jetzt dürft ihr singen und jubeln vor Freude. Lasst euch von ihr trösten wie ein Kind an der Mutterbrust. Trinkt euch satt! Genießt die Pracht dieser Stadt!

12 Denn ich, der HERR, sage euch:

Frieden und Wohlstand werden Jerusalem überfluten wie ein großer Strom. Ich lasse den Reichtum der Völker hereinfließen wie einen nie versiegenden Bach. Und an dieser Fülle dürft ihr euch satt trinken.

In dieser Stadt werdet ihr euch wie Kinder fühlen, die ihre Mutter auf den Armen trägt, auf den Schoß nimmt und liebkost.

Jes 66 HAT

Was für wunderbare Worte. Das Bild: die schwere Geburt. Aber dann das Baby an der Brust der Mutter. Wie groß war die Angst vor der Geburt. Jetzt ist alles vergessen.

Ich will euch trösten wie eine Mutter ihr Kind.

Wir werden uns erinnern, vor was und wem alles wir Angst hatten in der Zeit vor Corona und über uns lächeln.Davor waren wir ein Volk von Angsthasen und Angstmachern. Winzige Details versetzte die Menschen in Panik. Aber seht genau hin.

In der physischen Isolation sind diejenigen die Solidarität zeigen und Barmherzigkeit so viel wichtiger und anerkannter, als die Hetzer, Spalter und Mäkler. Sie werden sich auflösen. Die einzige gute Nachricht:  AFD zum ersten Mal seit Jahren unter 10%! Trump hat endgültig ausgespielt!

Wenn wir diese Krise überstanden haben, dann werden wir Glück empfinden. Ich nenne das Glauben an Gott! Die Psychologen nennen es Coping-Gefühl: Die Welt wirkt wieder jung und frisch und wir sind plötzlich voller Tatendrang. Wir haben es geschafft. Gemeinsam. Wir alle kennen das Gefühl der geglückten Angstüberwindung.

Überwinden heißt: Wir kommen damit zurecht – coping. Wie ein hungriges Baby schreit und wütet und dann die süße Muttermilch bekommt. Diese neue Welt zeigt uns Jesaja. Er blickt zurück aus der Zukunft – mitten im Lärm, in der Angst, in der Zerstörung, mitten in der Geburt. So etwas vermag der Glauben aus Gottes Wort. Das können wir erlernen von der unendlichen tausendjahre alten Erfahrung der Bibel mit unserem Gott.

Jesus sagt: Jetzt habt ihr Angst. Aber seid getrost. Ich habe die Welt für euch überwunden. Nikeka: ich habe gesiegt. Ich weiß nicht, ob das so kommt wie Jesaja es sagt.

Aber wenn Menschen auf den Balkonen sich schon ujetzt gegenseitig Lieder zusingen, dann habe ich keine Angst vor der Zukunft. Das sind Lieder der Freiheit mitten im Gefängnis der Isolation.

Ich glaube, dass die Methode Jesajas funktioniert, seine Prophetie der Rücksicht – der Re-gnosis: Weil wir Gottes Handeln schon kennen und erkennen. Sein Ziel ist nicht die Zerstörung sondern Bewährung in Liebe.  Wenn diese Leidenszeit, diese Passion ein Ziel hat, einen Sinn hat, dann den:  Wir sehen, was sich bewährt in der Zeit von Angst und Bedrängnis.

Wir fürchten jetzt den Tod von lieben Angehörigen, vielleicht gehört ihr selbst zur Risikogruppe. Eine Welt vergeht, wie wir sie kennen. Aber im Blick auf Gott und auf Jesus werden wir überwinden. Wir mögen physisch voneinander getrennt sein, aber emotional rücken wir einander näher. Auch als Kirchengemeinde Lauf. Es ist schwer, vor diesen leeren Stühlen zu predigen. Aber ich sehe euch vor Augen zu Hause. Allein oder mit Familie. In Krankenhäusern. Zu euch allen sagt Gott, der nicht zufällig wie eine Frau, wie eine Mutter geschildert wird:

13 Ich will euch trösten wie eine Mutter ihr Kind. Die neue Pracht Jerusalems lässt euch den Kummer vergessen. 14 Wenn ihr das alles seht, werdet ihr wieder von Herzen fröhlich sein, und neue Lebenskraft wird in euch aufkeimen wie frisches Gras.«

AMEN

Und er Friede Gottes, der größer ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus!

*Begriff von Matthias Horx.

1. Fastenpredigt Rabbiner Nils Ederberg: Du sollst nicht töten

Reihe: Die 10 Gebote. Tun und Lassen im 21. Jhd.

am 1.3.2020 in der Johanniskirche

Hier können Sie die Predigt hören:

Unsere Reihe hat heute begonnen mit dem Rabbiner Nils Ederberg aus Berlin, der aus jüdischer Sicht auf den Dekalog schaute und besonders das 5. Gebot „Du sollst nicht töten“ auslegte. Der Gottesdienst war mit über 100 Teilnehmern gut besucht. Uns hat beeindruckt, dass die jüdische Sicht sehr am konkreten Alltag und dem Lebenspraktischen bleibt, während wir Christen oft sehr grundsätzlich, und eher philosophisch urteilen. Es war höchst interessant und spannend, besonders auch das anschließende Gespräch im Johannissaal, wo Fragen gestellt werden konnten und einfach diskutiert wurde. (Bilder JPH)

Jaja Jesaja, Predigt Erntedank 2019 Johanniskirche JP Hanstein Jes 58

58,7 Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!

58,8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und  deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und  die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen.

58,9 Dann wirst du rufen, und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. 

Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest, 58,10 sondern den Hungrigen dein Herz finden läßt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag.

58,11 Und der HERR wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein  wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt.

Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; und du sollst heißen: »Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, daß man da wohnen könne«.

Jes 58, 7-12

Liebe Gemeinde,

wir haben den Propheten Jesaja gehört. Aber ich stelle die Frage, ob ihr ihn wirklich gehört habt? Oder hört ihr ganz andere Stimmen. Prophetische, ja …

Heute an Erntedank, dem Tag des Lobes der Schöpfung, an dem wir die Gaben der Erde und Frucht unserer Arbeit preisen – eine Woche nach dem Klimagipfel in New York – wer sieht da nicht eher die kleine unerschrockene Greta Thunberg. Ihr normalerweise ausdruckloses Gesicht, mantramäßig ihren Ruf wiederholend: “Our house is on fire! Unser Haus brennt.” Und dann: “How dare you?” Wutverzerrt, dass wir Angst um die 16 Jährige bekommen, die mich von Körperbau und Ausdrucksweise eher an eine 12-Jährige erinnert.

Wie meine Tochter, die mit 12 Jahren, deren Stimmung Achterbahn fährt, die ebenso stundenlang mit Legotechnik spielt, wie in ihr Snapchat starrt, was die anderen schreiben, und bei der Angst vor Mathe in der Schule sich verbinden kann: Wofür das alles, wenn diese Welt den Bach heruntergeht. Zugemüllt mit Mikroplastik, das Meer voller Toten, die aus Ländern geflüchtet sind, in denen nichts mehr wächst und der Kampf ums Überleben einen Krieg nach dem anderen produziert?

Und wir hier, Sonntagmorgens mit unserer alten Erntekrone, die erfolgreich ein Jahr wieder den Kirchenmäusen getrotzt hat.

Erntedank: zwischen grünen Kreuzen, Bauern die ihren Protest gegen den Agrarpakt anzeigen, Kreuze für sterbende Bauernhöfe und unsere Blumen aus den Gewächshäusern irgendwo in der Welt.

Erntedank: wie hören wir die Verheißung – nach der Flutkatsrophe

Gen 8 21 Und der HERR roch den lieblichen Geruch des Opfers von Noah und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. 22 Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

Immerhin realistisch: die Erde soll Bestand haben trotz der Bosheit der Menschen.

Oder gilt doch: Last time water – this time fire? Unser Haus brennt? Wie auch immer die Reaktionen sind ähnlich. Bosheit: Verstocktheit. Der Trotz der braven Familienväter, die Angst vor dieser Verrückten Greta haben die so deutlich die Wahrheit sagt, aber keine Kompromisse kennt. Und Angst darum haben, ihre Töchter zu verlieren.

Die Väter, die ihre wunderschönen integrierten doppelten Auspüffe an ihren braven Familienautos wie dem Passat Kombi mit dem Aufkleber versehen:  Fuck you Greta? – übersetzt „ist mir Scheissegal was eine kranke 16-Jährige“ sagt. Und ich bin nicht besser – der in einem 2,5to schwarzen VW-Bus mit 180 PS zum REWE fährt. Wie auch sonst, Greta?  Ist Greta Thunberg eine Prophetin oder doch nur eine Rattenfängerin, die dann die Kinder entführt? Was passsiert, wenn eine depressive Seite sie überfällt? Wie werden all die Jugendlichen auf sie scheuen? Weiß sie, welche Verantwortung sie von nun an trägt?

Fragen eines besorgten Vaters wie mich. Ein echter Generationenkonflikt.

Ich in der Mitte des Lebens, kompromittiert von allen möglichen Dingen, die ich glaube haben zu müssen für mich oder meine Familie, meine halbwüchsigen Kinder, die glauben, die Katastrophe in wenigen Jahrzehnten erleben zu müssen, wenn ich schon längst dahindämmere.

Die Reichtümer und die Schulden der Alten, der vorherigen Generationen. Wie die des erfolgreichen aber geizigen Bauern, von dem wir sonst immer im Evangelium an Erntedank gehört haben.

Nach der neuen Perikopenordnung jetzt also die Speisung der 4000. Auch gut… Aber der alte Narr war schon eindrücklicher…. Und die Frage: Bin ich auch so ein raffgieriger alter Sack? “Und noch diese Nacht wird deine Seele von dir gefordert werden… “

Aber kennt ihr diese Variation der Geschichte?

Der geizige Ehemann und die lustige Witwe …

Ich weiß nicht, ob diese Geschichte wahr ist oder nicht. Es könnte völlig erfunden sein, aber ich fand es witzig und ich muss einfach den Scharfsinn der Witwe bewundern.

Ich bin gestern auf diese Geschichte gestoßen und muss sie hier einfach bringen …

“Da war ein Mann, der sein ganzes Leben lang gearbeitet und sein ganzes Geld gespart hatte. Wie der reiche Mann im Gleichnis. Er war ein echter Geizhals, wenn es um sein Geld ging. Er liebte Geld mehr als alles andere. Eines Tages wurde der Mann krank. Die Ärzte sagten ihm, dass er nicht mehr lange hätte leben können. Nachdem er es herausgefunden hatte, war das erste, was er seiner Frau sagte: „Jetzt hör zu, wenn ich sterbe, will ich dass du mein ganzes Geld nimmst und es mit mir in den Sarg legst. Weil ich mein ganzes Geld ins Jenseits mitnehmen will. „Ich verspreche es“, sagte seine Frau, die nun als Witwe ein sehr armes Leben führen würde.

Kurze Zeit später verstarb der Ehemann. Die Beerdigung fand in ihrer örtlichen Kirche statt. Er lag ausgestreckt im Sarg, die Frau saß dort in Schwarz neben ihrem besten Freund. Als sie die Zeremonie beendet hatten, kurz bevor sich die Leichenbestatter bereitmachten, den Sarg zu schließen, sagte die Frau: „Moment mal!“

Sie hatte einen Schuhkarton dabei, sie kam mit der Schachtel herüber und legte sie in den Sarg. Dann schlossen die Leichenbestatter den Sarg und rollten ihn weg.

Ihr Freund sagte: „Was war das für ein Schuhkarton?“ – Die Witwe antwortete: „Er wollte mit seinem ganzen Geld begraben werden, also habe ich es dort hineingelegt.“ – „Bist du verrückt?! Du hast den Geizhals mit all seinem Vermögen begraben?“

Sie sagte: „Ja, ich habe es versprochen. Ich bin eine gute Christin, ich kann nicht lügen. Ich habe ihm versprochen, dass ich das Geld in diesen Sarg legen würde.“ „Aber er war reich, wie ist es dir überhaupt gelungen, alles in diesen Schuhkarton zu bekommen?“ – „Nun, das war ein Problem“, sagte die Frau. „Ich habe alles zusammen gesucht, es auf mein Konto gelegt und schrieb ihm einen Scheck ….“

Liebe Gemeinde, nur mit diesem Witz und Scharfsinn werden wir uns den Belastungen und Ansprüchen der früheren Generationen entziehen können!  Der Scheinmoral, und den angeblich für die Ewigkeit geltenden Regeln, die uns ins Grab folgen…

Immerhin haben wir noch Zeit. Als ich 14 Jahre alt war, hielt ich in der Nacht Ausschau nach dem Atomblitz, der meine Welt in einer Sekunde zum Klumpen schmelzen würde.

Generationenängste…

Erntedank: Meine Oma, mit ihren 99 Jahren. Aber das Gedicht von Rilke konnte sie bis zuletzt am Telefon aufsagen. Und ich sehe ihr konzentriertes Gesicht mit dem feinen Lächeln dabei.

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Klingt doch ganz wie Erntedank zu sein hat, aber dann wird es dunkler…

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.


RM Rilke: Das Buch der Bilder

Aber spürt ihr auch darin die feine Resignation? Wer jetzt kein Haus hat? Der findet keines mehr! Lange allein bleiben, weil die Fahrten im Winder beschwerlich sind. Immerhin. Lange Briefe, lange Telefonanrufe. Geduld. Ausharren. Warten auf den Sommer.

Gemeinsam ist Rilke und Jesaja die soziale Dimension … der Blick auf das Zusammenleben der Menschen. Das Teilen, das Aufmachen. Ohne dem macht alles keinen Sinn. Da werden wir so oder so asozial.

Hört ihr auf den Propheten Jesaja? Was hat er gesagt? Was macht er wohl für einen Gesichtsausdruck, wenn er oder besser Gott durch ihn sagt:

6 Ist nicht das ein Fasten/ein Gottesdienst, an dem ich (GOTT) Gefallen habe: Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg! 7 Heißt das nicht: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! 8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen.

Was für ein Gesicht macht Jesaja? Zumindest kein zornerfülltes. Eher weise und abgeklärt. Glaube mir. Mehr wie meine Oma. Einer der soviel gesehen hat. Und weiß was gut ist.

Hören wir auf den Jesaja oder auf Greta: Die Welt wird untergehen? oder Teile, lade ein, öffne die Tür. Jesajas Worte haben Macht zu befreien und zu ändern.

Wie viele hat er inspiriert!

Trenne dich vom Schein. Vom Schein des Besitzes, der ausschließt, trenne dich von der Macht, die Menschen unterdrückt und versklavt, wage die Freiheit und die Großzügigkeit und die Gastfreundlichkeit! Und es wird dir besser gehen.

“Jaja Jesaja” ist auch nicht viel besser als “Fuck you, Jesaja?”

Oder ist da mehr dran? Skeptisch? – Und wenn wir es einfach ausprobieren? Unmöglich ist es nicht! Immerhin sagt das Gott selbst. Und nicht irgendein selbsternannter. Aber wenn ihr die nicht hört? Sagt Jesus. Wie wollt ihr an mich glauben?

Wahrnehmen. Einladen. Auf dem Mittelmeer. Aber auch bei uns mit den Obdachlosen am Zeltnerplatz. Einladen wer Hunger nach Gemeinschaft hat! Fairtrade ist auch ein Schritt.-

Und auch wenn die Welt untergeht, haben wir zumindest so viele wie möglich gerettet und noch mehr uns selbst.

Und wenn sie nicht untergeht – Erst recht.

AMEN